Ganz schön groß, egal wo: H&M an der Musikschule und am Unteren Ledereck. Foto: Stadtverwaltung

Diskussion um Ansiedlung einer Filiale des Bekleidungskonzerns in Bürgerversammlung.

Calw - Da ging schon ein Raunen durch die Aula, als Oberbürgermeister Ralf Eggert die Entwürfe für die geplante H&M-Filiale auf die Leinwand werfen ließ. 2000 Quadratmeter Verkaufsfläche – das ist nun mal ein Haufen Holz.

Zuvor hat sich der OB geärgert, als eine große Zahl von Besuchern die Bürgerversammlung verließ, nachdem das Thema "Hallenbad" abgehakt war. Das sei, so Eggert, sicherlich auch woanders so, dass viele nur ihre eigenen Interessen sehen. Dennoch sei dies bitter, "wenn man hier vorne steht."

Trotz der fortgeschrittenen Zeit blieben die meisten Bürger da und führten eine lebhafte und sachliche Debatte um eine mögliche Ansiedlung einer Filiale des schwedischen Bekleidungskonzerns H&M. Eggert plädiert weiter für die alte Musikschule. Das Gebäude sei ein Kulturdenkmal und bleibe erhalten. H&M wisse, mit historischen Bausubstanzen umzugehen. Eggert nannte Schwäbisch Hall als Beispiel. Allerdings verschwände bei den Varianten in der Lederstraße das historische Gebäude unter einer riesigen Verglasung und wäre von der Straße nicht mehr zu sehen.

Eggert macht sich auch deshalb für den Standort Musikschule stark, weil er befürchtet, dass auf lange Sicht die Lederstraße zu einer zweiten Badstraße werden könnte. Nur mit einem Magneten wie H&M könne dort der kleinteilige Einzelhandel überleben.

Nur wenige Meter Abstand

Schon deshalb ist für den OB der von der Bürgerinitiative "Unser Calw" ins Gespräch gebrachte Standort auf der Freifläche vor dem Kaufland allenfalls die zweitbeste Lösung. Zudem würde es am Unteren Ledereck ziemlich eng. Es verblieben zu C&A, dm und Deichmann auf der einen sowie Luisa, Bagstore und Osiander auf der anderen Seite nur wenige Meter Abstand. Auch dem Kaufland selbst würde der Bau, dessen Entwurf wie ein riesiger Ozeandampfer wirkt, ziemlich auf den Leib rücken.

Als "scheußlich" bezeichnete Irmhild Mannsfeld von der Initiative die Pläne für die Musikschule. "Das geht nicht, dass H&M da rein geht", sagte Gottfried Müller. Es handele sich um den letzten strukturbildenden Freiraum in der Lederstraße.

Dann gibt es noch die Bürgergenossenschaft, die sich in der Gründungsphase befindet und ebenfalls Interesse an der alten Musikschule hat (wir berichteten). Rainer Hofmann erbat sich Zeit, weil man erst am Anfang stehe. Drei Monate räumte Eggert der Gruppe ein. Martina Bühler betonte, das sich die Genossenschaft nicht gegen H&M richte. Die Idee sei entstanden, bevor der Ansiedlungswunsch der Schweden bekannt wurde.

Friedrich Wirth und Bernhard Wolf machten sich für den Erhalt des Calwer Flairs und der Fachwerk-Idylle stark. Sie meinten, darüber könne sich die Stadt besser vermarkten. "Wenn Calw als Museum überleben soll, wird es sterben", hält Eggert diesen Kritikern entgegen. H&M sei nicht die Rettung, sei aber hilfreich, um die Stadt attraktiver zu machen.

Es wäre schlecht, H&M zu verhindern, um historische Ensembles zu erhalten, pflichtete ihm Ralf Kühling bei. Elke Fein und Sebastian Nothacker wiesen darauf hin, dass es für junge Menschen wenig gäbe in Calw. Sie fahren mit ihren Kindern regelmäßig ins Breuningerland nach Sindelfingen oder nach Stuttgart und decken dort dann auch ihren eigenen Bedarf.