Vor der Zweiten Großen Strafkammer am Landgericht in Tübingen geht der Prozess wegen eines Überfalls auf einen Calwer Blumenladen weiter. Foto: Bernklau

Angeklagter hat vor brutaler Tat bereits Versuch in Schömberg unternommen. 53-Jähriger berichtet aus seinem Leben.

Calw - Dem Raubüberfall auf einen Blumenladen in der Lederstraße, bei dem der Täter im April diesen Jahres eine 29-jährige Angestellte schwer verletzt hatte, ging eine ähnliche Tat voraus. Nämlich ein paar Tage vorher in der Liebenzeller Straße in Schömberg.

Dort war, wie am Donnerstag beim zweiten Verhandlungstag vor der Zweiten Großen Strafkammer am Landgericht bekannt wurde, der 54-Jährige aus Bad Wildbad maskiert und mit vorgehaltener Pistole in ein Ladengeschäft gegangen. Allerdings ließ er von seinem Vorhaben ab, als die dort arbeitende Frau zu schreien anfing und machte sich auf und davon.

Nicht so beim Überfall in der Lederstraße. Teile der brutalen Tat hatte der Mann beim Prozessauftakt gestanden. Dort war, wie berichtet, für die Floristin gegen 19.30 Uhr ein normaler Arbeitstag zu Ende gegangen. Doch als sie zum Hinterausgang hinausgehen wollte, stand ihr plötzlich der Angeklagte im Weg. Dieser hatte es auf die Handtasche mit den Tageseinnahmen der 29-Jährigen abgesehen.

"Nimm das Geld, ich will nicht sterben!"

Zwischen den beiden entwickelte sich eine 25-minütige Auseinandersetzung, bei der die Laden-Mitarbeiterin neben einem Schädel-Hirn-Trauma, einer gebrochenen Nase, einem zugeschwollenen Auge auch Blutergüsse am ganzen Körper erlitt. Der 54-Jährige hatte seinem Opfer eine mit Wasser gefüllte Glasvase auf den Kopf geschlagen. Er hielt ihr Mund und Nase zu, würgte sie, so dass sie keine Luft bekam. Er hatte auch versucht, ihre Haare anzuzünden, scheiterte aber, da diese nass waren. Immer wieder schlug er den Kopf der Floristin gegen den Boden. Er peinigte sie mit einer brennenden Zigarette. Und er ließ immer noch nicht von ihr ab, als sie flehte: "Nimm’ das Geld, ich möchte nicht sterben!" Von den Verletzungen zeigte das Gericht am Donnerstag Bilder.

Die Ermittlungen wegen des Vorfalls in Schömberg hat die Staatsanwaltschaft eingestellt. Weil es beim Versuch geblieben ist, wie vom Gericht erläutert wurde. Und wohl auch, weil der Täter ohnehin mit einer Verurteilung wegen des Calwer Überfalls rechnen muss. Der Prozess in diesem Fall wegen schweren Raubs geht weiter.

Gestern wurde die letzten geladenen Zeugen vernommen. Nämlich der Ladeninhaber, die Frau, die dem Opfer als Erste geholfen hat, sowie der Tankwart der Tankstelle in Schömberg, bei dem er mit der Beute in Höhe von 698,50 Euro seine dortigen Schulden beglichen hat.

Auch der Angeklagte kam zu Wort. Entgegen einem Antrag seines Verteidigers berichtete er doch öffentlich von seinem bisherigen Leben: schwere Kindheit, Probleme in der Schule, Trennung von der ersten Frau, Suizidversuch, Psychiatrieaufenthalt, zweite Heirat, Verlust des Arbeitsplatzes. Und ein interessantes Modell, wie er versuchte, seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Indem er nämlich Besitzer dreier Wohnungen war, die er vermietete und er letztlich selbst mit seiner zweiter Frau auf einem Campingplatz lebte. Das funktionierte auf die Dauer. nicht. Der Schuldenberg wuchs, obwohl er sich von seinem Eigentum trennte. Es wurde umgeschuldet. Die Zahlung der ersten Rate stand an.

Was der vom Gericht hinzugezogene Sachverständige von all dem hält, das wird dieser beim nächsten Verhandlungstag am 13. November kund tun. Zeit für die Plädoyers dürfte dann noch genügend sein. Und vielleicht gibt es auch das Urteil.