Heranwachsende haben in Sachen illegale Drogen meist mit Cannabisprodukten zu tun. Foto: Berg

Zahl der Drogendelikte auch in Calw angestiegen. Daten hängen von Ermittlungen ab.

Calw - "Drogendelikte an Schulen nehmen deutlich zu" – diese erschreckende Nachricht geisterte vor rund zwei Wochen durch die Medien. Doch was ist dran an dieser Aussage? Und wie sieht es in Calw aus?

Im Jahr 2011 waren es noch 348, 2015 dagegen 939 Fälle in Baden-Württemberg. Die Rede ist von Drogendelikten am Tatort Schule, die sich nach Aussagen der Polizei innerhalb von vier Jahren im Land somit beinahe verdreifacht haben. Auch der Calwer Raum scheint von dieser Entwicklung nicht unberührt geblieben zu sein.

2015 wurden zwölf Fälle im Kreis registriert

So berichtet eine Sprecherin der Pressestelle des Polizeipräsidiums Karlsruhe auf Anfrage unserer Zeitung, dass sich die Zahl solcher Fälle im Kreis Calw innerhalb von fünf Jahren vervierfacht habe. In Zahlen ausgedrückt: 2011 habe man drei, 2015 zwölf Fälle registriert. In der Stadt Calw schwankte der Wert zwischen zwei und vier Fällen pro Jahr.

"Tatort Schule" bedeute dabei allerdings nicht zwangsläufig, dass die Tatverdächtigen auch Schüler der betroffenen Schulen seien. "Oft wird ein Schulhof auch abends von Jugendlichen und Heranwachsenden fremder Schulen oder Land- sowie Stadtkreise als Treffpunkt genutzt", erläutert die Sprecherin.

Die Zahl der Delikte sei jedoch auch insgesamt und unabhängig vom Tatort Schule bei jugendlichen oder heranwachsenden Verdächtigen (die jünger als 21 Jahre alt sind) angestiegen: In Calw von 16 auf 57, im Kreis von 54 auf 188 Fälle – jeweils zwischen den Jahren 2012 und 2014. Meist würden die Heranwachsenden mit Cannabisprodukten erwischt.

Ein furchterregender Trend? Vielleicht. Ob sich aus der steigenden Anzahl der registrierten Delikte allerdings zugleich ein deutlich ansteigender Drogenkonsum von Schülern ableiten lässt, ist fraglich. Denn, so die Polizeisprecherin: Sobald es um Rauschgift gehe, bewege man sich im Feld der sogenannten "Hol-Kriminalität". Darunter fallen Delikte, die eher selten angezeigt werden und vor allem dann ans Licht kommen, wenn die Polizei aktiv ermittelt. Die Dunkelziffer sei in solchen Bereichen hoch. Ein Anstieg der Zahlen könne daher auf vermehrte Kontrollen zurückzuführen sein – auch, weil "ein ermittelter Fall noch mehrere weitere Fälle nach sich ziehen" könne.

Die Polizei kläre aber nicht nur Drogendelikte auf, sie engagiere sich auch in der Präventionsarbeit. "In den Klassen 7 bis 9, für Lehrkräfte sowie für Eltern gibt es, wenn von der Schule gewünscht, spezielle Informationsveranstaltungen", erklärt die Sprecherin.

Ein Feld, auf dem auch die Fachstelle Sucht, die ihren Hauptsitz in Calw hat, seit vielen Jahren aktiv ist. Und auch dort hat man "keine Erkenntnisse, dass sich die Drogenproblematik an Schulen ausgeweitet hat", sagt Peter Heinrich, zuständig für die Öffentlichkeitsarbeit der Fachstelle. Die Präventionsarbeit könne allerdings einer der Gründe sein, warum am Tatort Schule immer mehr Fälle bemerkt würden: Weil zum Beispiel Lehrer dadurch für das Thema sensibilisiert und schneller aufmerksam würden.

Auch Alkohol großes Problem

Allerdings, stellt Heinrich klar, seien illegale Drogen nicht das einzige Problem, das gerade auch bei Heranwachsenden zu beobachten sei. Von den Fallzahlen her gesehen stelle beispielsweise Alkohol, obwohl legal, das größte gesellschaftliche Problem dar – weil dieses Suchtmittel gewissermaßen ins "normale" Leben integriert sei. Wegen Alkohols würden viele Menschen – sowohl die Betroffenen als auch Angehörige oder Freunde – erst aktiv, wenn es zu gravierenden sozialen Auffälligkeiten komme. Dann könne es jedoch für manches zu spät sein – beispielsweise um Job oder Familienleben zu retten. Daher sei es wichtig, solche Probleme frühzeitig anzusprechen und in Angriff zu nehmen.

Eine wichtige Anlaufstelle sei dabei die Fachstelle Sucht, die von Beratung bis Therapie, von Prävention bis Selbsthilfegruppen auf etlichen Ebenen Hilfe und individuelle Lösungen biete – für Betroffene ebenso wie für Angehörige. Dabei gelte eine strikte Schweigepflicht, in der Regel selbst gegenüber den Eltern Minderjähriger. Darüber hinaus habe jeder Mitarbeiter ein Zeugnisverweigerungsrecht gegenüber Polizei und Gerichten.

Seite 2: Sucht erkennen

Wenn die eigenen Kinder Drogen nehmen, ist das für viele Eltern ein Albtraum. Doch wie lässt sich das überhaupt erkennen?

Hinweise darauf seien vor allem starke Veränderungen im Verhalten, erklärt Peter Heinrich von der Fachstelle Sucht in Calw – wenn beispielsweise schulische Leistungen ein- oder soziale Kontakte wegbrechen.

Wichtig sei jedoch, immer zuerst unter dem Motto "Ich mache mir Sorgen um dich" das Gespräch mit dem Kind zu suchen. Eine Verhaltensänderung könne schließlich auch andere Ursachen wie Liebeskummer haben. Im Zweifelsfall könne es helfen, Kontakt zur Fachstelle Sucht aufzunehmen. Die berät nicht nur Betroffene, sondern auch Angehörige.