Roland Esken (rechts) vom Verein Württembergische Schwarzwaldbahn übergab an Claus Schmiedel (links) ein Buch, um ihn für die Geschichte dieser historischen Bahnverbindung zu sensibilisieren. Landrat Helmut Riegger (Mitte) hofft auf einen Baubeginn der Neubaustrecke im Sommer nächsten Jahres. Foto: Fritsch

SPD-Fraktionschef Claus Schmiedel stellt sich demonstrativ hinter die Calwer S-Bahnanbindung. Mit Kommentar.

Kreis Calw - Wochen der Entscheidung für die ersehnte Anbindung des Kreises Calw ans Stuttgarter S-Bahnnetz: Gestern kam der Fraktionschef der SPD im Landtag, Claus Schmiedel, nach Hirsau, um diesem für die Raumschaft Calw so wichtigen Infrastrukturprojekt Dampf zu machen. Seine Signale waren klar: Binnen drei Monaten soll der Kreis Gewissheit haben, ob das Millionenprojekt umgesetzt wird.

Dass sich der mächtige Sozialdemokrat aus Stuttgart der Hesse-Bahn annimmt, begrüßte Landrat Helmut Riegger gestern in Hirsau vor versammelten Bürgermeistern, Regionsvertretern und Kommunalpolitikern außerordentlich. Aber Schmiedels Engagement gefällt nicht allen – vor allem nicht Rieggers CDU-Parteifreunden.

Eigentlich hätte diese Informationsveranstaltung, die auf Schmiedels Initiative anberaumt worden war, im Landratsamt stattfinden sollen. Doch als Riegger und Schmiedel den Termin im Januar festzurrten, bedachten sie nicht die Drei-Monatsregel, wonach Politiker und Minister eben drei Monate vor einer Wahl nicht derlei Veranstaltungen in öffentlichen Räumen wie dem Landratsamt abhalten dürfen. Ausgerechnet ein Parteifreund, der offenbar fürchtete, dass Schmiedels SPD mit diesem Thema bei den Wählern punkten könnte, schwärzte Riegger an, der diese Veranstaltung dann kurzerhand aus seinem Amt ins Hotel Kloster Hirsau verlegte.

Das hielt Claus Schmiedel freilich nicht zurück, den Kreis in seinen ambitionierten Planungen für dieses 50-Millionen-Projekt zu bestärken, ohne "falsche Hoffnungen" – vor allem auf höhere Subventionen durch das Land – zu machen. Aber der Genosse lehnte sich bei seinen Formulierungen schon weit aus dem Fenster: "Jetzt ist der Spielraum da, jetzt müssen wir zugreifen", sagte er wörtlich und gab auch anschließend vor der örtlichen Presse das klare Bekenntnis ab, dass dieses Projekt für ihn wie auch für Verkehrsminister Winfried Hermann ganz oben auf der Prioritätenliste stünde. In den früheren Jahren habe man diese S-Bahnabindung von Kreisseite "nicht mit dem notwendigen Nachdruck" verfolgt, analysierte Schmiedel und fügte hinzu: "Diesmal können wir es nicht so durchhängen lassen, sondern ziehen es durch."

Die kritischen Stimmen an diesem Nachmittag betrafen vor allem die Finanzierungsfrage. Nagolds OB Jürgen Großmann, der auch der CDU-Fraktion im Kreistag vorsteht, goss Wermutstropfen in den Freudenbecher und kritisierte die Reduzierung der Förderquote des Landes bei solchen Projekten von 75 auf 50 Prozent: "Wir wollen die Bahn", erklärte Großmann, "wir wollen aber auch mehr Unterstützung bei der Finanzierung", zumal die Kommunen im Kreis Calw "zu den Verschuldesten im ganzen Land" zählen würden.

Landrat Riegger sprang Schmiedel bei: Ohne die Reduzierung dieser Förderquote – und damit eine Verteilung für mehrere Projekte im Land – könnte die Hermann-Hesse-Bahn nie gebaut werden. "Das Korsett ist verdammt eng", unterstrich auch Schmiedel, "viele werden ihre Projekt abgeben müssen – sie nicht." Auch Großmanns Forderungen, das Risiko bei den Baukosten nicht durch eine Deckelung der Landesförderung allein dem Kreis und damit den Kommunen zu überlassen, und bei den Betriebskosten, die sich jährlich auf 2,5 bis drei Millionen Euro belaufen und ebenfalls vom Kreis geschultert werden müssen, mit Regionalisierungsmitteln beizuspringen, wies der SPD-Fraktionschef zurück. Will heißen: Das Land wird, wenn überhaupt, die S-Bahnanbindung mit 50 Prozent – also rund 25 Millionen Euro – fördern, den Rest müssen Kreis und Anrainergemeinden tragen.

Bis im Sommer sollen die Eckpunkte für den Landeshaushalt 2015/16 stehen, kündigte Schmiedel an. Bis in einem Viertel Jahr werde man dann bei der Hermann-Hesse-Bahn Gewissheit haben. Sollte die Förderzusage vom Land kommen, will Landrat Riegger schon im Sommer 2015 mit dem Bau beginnen.

Kommentar: Unter Bremsern

Roland Buckenmaier

Manchmal wähnt man sich in diesem Kreis im falschen Film. Während mächtige Landespolitiker wie SPD-Fraktionschef Schmiedel mit den Füßen scharren, um die Calwer S-Bahnanbindung voranzubringen und sich auch Verkehrsminister Hermann demonstrativ hinter dieses wichtige Infrastrukturprojekt stellt, meldet sich plötzlich der Chor der Bedenkenträger und Bremser, die das geschnürt geglaubte Finanzierungspaket wieder aufdröseln und infrage stellen.

Noch nie, noch gar nie war die Chance so greifbar, dieses Millionenprojekt aufs Gleis zu setzen. Man kann diese Chance aber auch versemmeln. Ja, dieses wichtige Projekt für die Raumschaft Calw bedarf der Solidarität des ganzen Kreises. Und ja, dieses Projekt kostet viel Geld und birgt bei den Baukosten sicherlich auch Risiken. Wer aber nichts macht, riskiert die Zukunftsfähigkeit dieses Kreises.