Michi Marchner (links) und Martin Lidl von "Les Derhosn" Foto: Selter-Gehring Foto: Schwarzwälder-Bote

Auftritt: "Les Derhosn" unterhalten ihr Publikum mit Musik und Komik / Funke springt schnell über

Während draußen "Jingle Bells" und Glühweinduft die Weihnachtsmarktbesucher umgab, erlebten die rund 80 Besucher im Saal der Musikschule in Calw mit "Les Derhosn" einen musikalisch virtuosen und humoristisch prickelnden Abend.

Calw. Das Duo mit bayrischem Zungenschlag und individueller Saitentechnik begeisterte jenseits platter Comedy-Slapsticks und gab eigenwillige Einblicke in die Höhen und Tiefen ihrer seit 25 Jahren währenden Bühnenbeziehung und ihrer karstigen Seelenlandschaft.

Florian Fuchs vom Team der "Kleinen Bühne Calw", der die Gäste im Konzertsaal der Musikschule begrüßte, machte keinen Hehl aus seiner Freude über die zahlreichen Besucher, die sich gegen "Weihnachtslieder in Dauerschleife und Kinder, die auf Blockflöten spielen" und für einen virtuosen und urkomischen Abend mit dem Duo "Les Derhosn" entschieden hatten.

Und den bescherten Michi Marchner, "der sture Bock", und Martin Lidl, "der nette Kerl", ihrem Publikum mit ihrem aktuellen Bühnenprogramm "Nach uns die Zukunft – eine Silberhochzeit". Das Wort führt bei "Les Der-hosn" Michi Machner, der sich auf seiner Homepage selbst den Untertitel "Dichter, Denker, Wortverrenker" gibt. Mitdenken war angesagt beim Publikum, um die Untiefen und Abgründe der Texte, die der Kabarettist scheinbar mühelos und spontan aus dem Ärmel schüttelte, ausloten zu können. Wer dachte, er sei auf der richtigen Fährte, wurde nicht selten eines Besseren belehrt.

Mal philosophisch, mal gezeichnet von den Narben eines halben Jahrhunderts Leben, immer humorvoll und mit selbstironischen Einblicken in die Männerseele gespickt. Erinnerungen an Zeiten, als das Telefon noch mit einem Kabel an der Wand festgemacht war und im Fernsehen die Zukunft wie Mork vom Ork aussah, standen im Dialog mit der Erkenntnis Marchners, dass sein Handy einen höheren IQ hat als er selbst und der tröstlichen Zusage "am Ende wird alles guhut", in die das Publikum klangvoll einstimmte.

Innerhalb kürzester Zeit sprang der Funke über und das Publikum wurde Teil der Performance. Marchner und Lidl trafen den Nerv mit gereimten Geständnissen wie "das Haar wird dünn, das Haar wird weiß. Hurra ich bin ein Midlife-Greis" und dem Ohrwurm-Song "Scheiße Baby, mia wean oid", den Marchner als YouTube-Version zum digitalen Verschenken an alle 1700 Facebook-Freunde empfahl.

Musikalisch war der gelungene Mix aus Kabarett und Konzert abwechslungsreich und mindestens ebenso mitreißend wie das gesprochene Wort. Martin Lidl, die "Gitarrenfee vom Ammersee", glänzte im Zusammenspiel mit Marchner, der den Saiten mal rockige Riffs, mal zart gezupfte Klänge entlockte.

Zuhörer verzeihen auch Textunsicherheit

Die Soli von Lidl waren gefühlvoll, mit jazzigen Anklängen, aber am liebsten schnell, rockig, groovend und direkt in der Seele widerhallend. Da verziehen die Zuhörer nur zu gern die eine oder andere Textunsicherheit, die fast zum Programm zu gehören schien und von Marchner mit urwüchsigem Charme und sympathischer Offenheit eingebaut wurde.

Dazu gehörte auch, dass sich die beiden Künstler in der Pause vor der Musikschule zu den Gästen gesellten und das Gespräch suchten. Zum Abschied gab es in Anlehnung an Hildegard Knef das Lied "Für euch soll’s Lederhosn regnen". Die Frage, ob die "Zukunft eine Zukunft hat", blieb am Ende unbeantwortet. Aber nicht hoffnungslos.