Während ihrer aktiven Mittagspause gingen gestern Hirsauer Psychiatrie-Beschäftigte auf die Straße. Foto: Hölle

Psychiatrie-Beschäftigte gehen mit Zustimmung ihrer Klinikleitung auf die Straße.

Calw-Hirsau - Wenn Mitarbeiter des Zentrums für Psychiatrie (ZfP) Calw, Landesklinik Nordschwarzwald Hirsau, mit Zustimmung der Klinikleitung auf die Straße gehen, dann muss der Hintergrund ein besonderer sein.

Wie am Donnerstag, als hiesige Psychiatrie-Beschäftigte im Rahmen einer bundesweiten Aktion eine verbindliche, umfassende und bedarfsgerechte Personalbemessung mit gesicherter Finanzierung forderten. Just an diesem Tag ging es, wie Stefan Kostic, der Vorsitzende des Hirsauer Personalrats im Gespräch mit unserer Zeitung erläuterte, im Bundestag in erster Lesung um das Psychiatriefinanzierungsgesetz (PsychVVG). "Eine gesetzliche Personalbemessung hat für uns oberste Priorität", so Kostic.

Noch Schwachstellen

Das Pflegepersonal in den psychiatrischen, psychosomatischen und psychotherapeutischen Abteilungen sei gestresst und überarbeitet. Trotz eines Bekenntnisses zur Personalmindestausstattung und trotz Fortschritten hin zu einem Budgetsystem enthalte der Gesetzentwurf noch Schwachstellen, die zu Lasten des Personals gehen. Und weniger Personal führe automatisch zu ungünstigeren Therapiebedingungen. Die Behandlungsqualität sinke. Deswegen seien Nachbesserungen notwendig.

Das sieht man auch bei der Vereinigten Dienstleistungswerkschaft (ver.di) so. Das Gesetz stelle die Weichen grundsätzlich neu mit weitreichenden Auswirkungen auf Arbeits- und Behandlungsbedingungen. Mit dem Erlassen der Psychiatrie-Personalverordnung seien seinerzeit 20 000 neue therapeutische Stellen geschaffen worden. Seit Jahren gäbe es aber ein Problem bei der Finanzierung, weil die Vorgaben nicht verbindlich seien. Der Erfüllungsgrad dieser Verordnung liege in den Zentren für Psychiatrie bei 90 Prozent, in einigen Berufsgruppe auch deutliche darunter. Neue Stellen würden dagegen fast nur in den Bereichen Kalkulation, Datenkontrolle oder Controlling entstehen. "Wer gute Therapie will, muss genug geeignetes Personal wollen. Wer sich ernsthaft zur Personalmindestausstattung bekennt, muss in diesem Gesetzesentwurf die Lücken schließen und den Dokumentationswahn beenden", so Silke Hansen, bei ver.di Baden-Württemberg zuständig für psychiatrische Einrichtungen.

Unterschriften gesammelt

Personalratsvorsitzender Kostic und seine Mitstreiter sehen das ebenso. Auch bei der "aktiven Mittagspause" gestern haben sie Unterschriften gesammelt, um für ihr Anliegen zu werben. Die Listen sollen über die hiesigen Bundestagsabgeordneten nach Berlin gelangen.