MAD-Präsident Christof Gramm erklärt, die Soldaten des KSK verfügten über besondere Fähigkeiten. (Symbolfoto) Foto: (dpa)

Landkreis kein Schwerpunkt der rechtsextremistischen Szene. Trotzdem viele Verdachtsfälle in Eliteeinheit.

Calw/Berlin - 550 rechtsextreme Verdachtsfälle in der Bundeswehr - darunter besonders viele Fälle bei der Eliteeinheit Kommando Spezialkräfte (KSK) in Calw: Sie soll es laut dem Militärischen Abschirmdienst (MAD) geben. Hat nun der Kreis Calw oder aber die Spezialeliteeinheit ein Rechtsextremismus-Problem?

Nach Einschätzung des Landesamts für Verfassungsschutz Baden-Württemberg ist der Landkreis Calw kein Schwerpunkt der rechtsextremistischen Szene in Baden-Württemberg. Von bundesweit 1025 Fällen politisch motivierter Kriminalität (PMK) in den ersten drei Quartalen des Jahres 2019 entfielen auf den Kreis Calw elf Stück. 

Auch Oberbürgermeister Florian Kling weiß von keinem solchen Problem in seiner Kommune. "Wir haben nicht mal die AfD im Stadtrat", bemerkt Kling. Stattdessen blickt das Stadtoberhaupt mit bangem Auge auf die Situation beim KSK. Dort sei das Problem kein neues. Der 33-Jährige, der selbst zwölf Jahre Offizier bei der Bundeswehr war und jetzt Hauptmann der Reserve ist, war beim Jahresendappell der streng geheimen Eliteeinheit  zu Gast. Er berichtet: "Es wurde angesprochen, dass das so nicht weitergeht." Der Bürgermeister forciert den Austausch mit dem KSK. Er spricht von einer großen Herausforderung, "die Bundeswehr in die Gesellschaft zu integrieren". 

20 rechtsextreme Verdachtsfälle

Der MAD bearbeitet beim KSK aktuell rund 20 rechtsextreme Verdachtsfälle. Im Verhältnis zur Personalstärke gebe es in der Einheit damit etwa fünf Mal so viele Fälle wie im Rest der Bundeswehr, so MAD-Präsident Christof Gramm zur "Welt am Sonntag".

Doch woher kommt diese Häufung? Wenn nicht die Umgebung der Truppe das Problem ist, muss es wohl an der militärischen Spezialeinheit selbst liegen. Gramm erklärt im "Welt"-Interview, die Soldaten des KSK verfügten über besondere Fähigkeiten. Deshalb müsse dort besonders sorgfältig hingeschaut werden. "Es handelt sich, aus guten Gründen, um eine abgeschottete Einheit, in der es durchaus auch elitäres Selbstbewusstsein gibt - und auch geben muss." Beim KSK gebe es intensive Beziehungsgeflechte. Das berge immer auch Risiken.

In jedem Fall wird ermittelt

Auf die leichte Schulter nimmt die Bundeswehr die Situation laut eigener Auskunft nicht. Ein Sprecher des Heeres betont, dass man "jeden einzelnen Verdachtsfall auf allen Ebenen, in allen Einheiten und somit auch im Kommando Spezialkräfte (KSK) sehr ernst" nehme. In jedem Verdachtsfall werde ermittelt, so die Auskunft. Und würden dienstliche Verfehlungen festgestellt, würden sie geahndet.

Der Sprecher teilte weiter mit, dass in den letzten Jahren Soldaten von ihren Aufgaben entbunden worden seien, einige wurden versetzt, gegen andere seien Disziplinarmaßnahmen verhängt worden. Außerdem "erfolgten und erfolgen Weiterbildungen, die sich mit den Grundsätzen der Inneren Führung, dem beruflichen Selbstverständnis und den rechtlichen, moralischen und ethischen Richtlinien des Soldatseins befassen".

Ein besonderes Augenmerk liegt laut dem Sprecher außerdem auf der Auswahl zukünftiger Kommandosoldaten. In einem Eignungsfeststellungsverfahren würden die Anwärter ein zweites Mal vom Militärischen Abschirmdienst geprüft. Außerdem führten Psychologen intensive Gespräche mit den Soldaten.

Der MAD ist der kleinste deutsche Geheimdienst. Zu seinen Aufgaben gehört die Überprüfung von Soldaten und Behördenmitarbeitern auf extremistische Einstellungen und Aktivitäten. Erst kürzlich war bekannt geworden, dass der MAD gegen einen Unteroffizier des Kommando Spezialkräfte wegen Verdachts auf Rechtsextremismus ermittelt.

Dies passt in eine Reihe von Berichten in der Vergangenheit: Ein Mitglied der Spezialeinheit soll mehrfach den Hitlergruß gezeigt haben. Im Januar 2019 hatte er deshalb einen Strafbefehl akzeptiert. Zudem hatte der Fall des Offiziers Franco A. im April 2017 umfangreiche Ermittlungen ausgelöst, weil der Verdacht bestand, er könne Teil einer größeren rechtsextremistischen Gruppe sein.