Präsentieren das Glaswerk des Calwer Künstlers Reinhold Wohlleben (von links): Calws Kulturamtsleiter Hans-Martin Dittus, der Latscher Bürgermeister Helmut Fischer, Oberbürgermeister Ralf Eggert und der Latscher Kulturreferent Mauro della Barba. Fotos: Verstl Foto: Schwarzwälder-Bote

Kommunales: Calw und Latsch feiern 60 Jahre Partnerschaft / Delegation der Hesse-Stadt zu Gast

"In der Vergangenheit schwelgen, die Gegenwart leben und die Zukunft gestalten." Für den Latscher Bürgermeister Helmut Fischer ist dies das richtige Motto, um die seit 60 Jahren bestehende Partnerschaft mit Calw zu begehen.

Latsch/Calw. Partner im Herzen Europas, das wollen die beiden Gemeinden sein. Das war in den Ansprachen anlässlich der Jubiläumsfeier in Latsch immer wieder zu hören. Nicht umsonst wies der frühere Latscher Bürgermeister Sepp Rinner darauf hin, dass erst vor Kurzem das 60-jährige Bestehen der EU begangen worden ist. Fischer bezeichnet die Partnerschaft als eine "EU im Kleinen".

Und Calws Oberbürgermeister Ralf Eggert sieht darin "einen starken und wertvollen Baustein für das oft zitierte Europa der Bürger." So hätten in den vergangenen sechs Jahrzehnten unzählige Begegnungen zwischen den Menschen aus Latsch und Calw stattgefunden. Dazu gehören Schüleraustausch, die gegenseitigen Besuche der Jugendfeuerwehren, von Musikkapellen und Chören sowie die unzähligen Begegnungen auf Vereinsebene. Bürgerkontakte, so sieht das auch Amtskollege Fischer, seien nun mal die Grundlage jeder Partnerschaft.

Und mit einem Vereinskontakt hatte die Partnerschaft auch den Auftakt genommen. Immer wieder wurde an das Fußball-Freundschaftsspiel zwischen dem FV Calw und dem Sportverein Latsch im Frühjahr 1957 erinnert. Neun der elf Latscher Akteure leben noch, acht waren bei der Feier dabei.

Mittlerweile spielt auch der kulturelle Austausch eine wichtige Rolle. Erst an Ostern waren rund 100 Musikschüler aus Calw zu einer Probenwoche im Bildungshaus Schloss Goldrain, wo am Donnerstagabend auch die Jubiläumsfeierlichkeiten stattfanden. Wie der Latscher Kulturreferent Mauro dalla Barba ankündigte, stehen in diesem Jahr noch eine Hesse-Lesung und ein Auftritt der Aurelius Sängerknaben an.

Anlässlich des Jubiläums brachte Eggert ein Glaswerk des Calwer Künstlers Reinhold Wohlleben mit. Zugleich unterzeichneten er und Fischer eine Urkunde, um die Partnerschaft auch für die Zukunft zu besiegeln.

Von Latscher Seite war viel Dankbarkeit gegenüber der Partnerstadt zu spüren. Es war die Gemeinschaftshilfe, durch die in den ersten Jahren der freundschaftlichen Beziehungen das damals noch arme Südtirol unterstützt wurde. Daran erinnerte Altbürgermeister Rinner.

Geschichte Südtirols spielt in Reden eine Rolle

Und hob zugleich hervor, dass für die Partnerschaft wohl niemand so viel getan hat wie der frühere Calwer Oberbürgermeister Karl-Heinz Lehmann und seine Ehefrau Heidi, heute beide Ehrenbürger von Latsch. Mit dieser Auszeichnung geht die Gemeinde sehr sparsam um. Bislang gebe es nur sechs Ehrenbürger.

Auch die dramatische Geschichte Südtirols spielte in den Reden eine Rolle. Rinner erinnerte daran, wie hart um den heutigen Autonomiestatus, der im internationalen Vergleich als vorbildlich gilt, gekämpft werden musste. Lehmann weiß noch, wie 1967, als die seit zehn Jahren bestehende Freundschaft in eine offizielle Partnerschaft mündete, die Reden nach Bozen geschickt werden mussten. Damit wollte die italienische Regierung sicher gehen, dass nichts Unbotmäßiges in Sachen Autonomie gesagt wurde.

Ernst Steinkeller, Vorsitzender der Genossenschaft, die das Bildungshaus Goldrain betreibt, schlug den Bogen bis zum Ende des Ersten Weltkriegs, als Südtirol nach der Auflösung von Österreich-Ungarn zu Italien kam. Nachdem Anfang der 1920er-Jahre Benito Mussolini und die Faschisten die Macht übernommen hatten, sei alles Deutsche ausradiert worden.