Weitere Messungen zur Schadstoffbelastung nötig. Stickstoffoxid-Grenzwert überschritten.

Cal - Leidet Calw unter Schadstoffbelastung? Messreihen hatten dies vor einiger Zeit nahegelegt. Gewissheit gibt es aber vorerst keine: Frühestens im Jahr 2019 sind weitere, präzisere Luftuntersuchungen möglich. Bis dahin gibt es auch keine Luftreinhaltemaßnahmen.

44 Mikrogramm Stickstoffoxide pro Kubikmeter Luft klingen nicht gerade nach viel. Auch 53 Mikrogramm mögen dem Laien nicht gerade gefährlich erscheinen. Diese Werte wurden bei zwei Messreihen an der Stuttgarter Straße ermittelt, die die Calwer Stadtverwaltung im vergangenen Jahr in Auftrag gegeben hatte.

Und doch: Der Grenzwert, der nach Angaben des Umweltbundesamtes nicht überschritten werden sollte, um die Gesundheit nicht zu gefährden, liegt bei 40 Mikrogramm. Problem Theoretisch wäre es nun also an der Zeit, etwas zu unternehmen. Das Problem: Mögliche Schritte, um die Schadstoffbelastung zu reduzieren, müssen in einem Luftreinhalteplan festgeschrieben werden. Da es sich bei der Stuttgarter Straße um eine Bundesstraße handelt, darf nur das Regierungspräsidium (RP) Karlsruhe in diesem Fall einen solchen Plan aufstellen. Und hier ist der Haken: Grundlage für einen Luftreinhalteplan muss eine offizielle Grenzwertüberschreitung sein, die durch die Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg (LUBW) mittels einer speziellen Messstation festgestellt wurde.

Die LUBW wiederum gab nun jedoch auf Anfrage unserer Zeitung bekannt, dass eine solche Messung in Calw wohl nicht vor dem Jahr 2019 erfolgen wird.

Vorgeschichte

Früher kann die LUBW offenbar nicht tätig werden – und das hat auch seinen Grund, schildert eine Sprecherin der Landesanstalt: So seien im Juni 2005 alle Städte und Gemeinden in Baden-Württemberg angeschrieben und gebeten worden, mögliche Belastungsschwerpunkte in ihrem Gemeindegebiet sowie die dortigen Verkehrsverhältnisse zu nennen. Von der Stadt Calw sei damals nichts gemeldet worden – entsprechend habe es auch keine Voruntersuchungen in der Hesse-Stadt gegeben, die im Jahr 2006 erfolgten. Aufbauend auf diesen Voruntersuchungen sei jedoch eine Rangfolge der am höchsten belasteten Straßenabschnitte in Baden-Württemberg erstellt worden. Die Prioritätenliste wurde im Jahr 2015 neu bewertet und werde derzeit Stück für Stück abgearbeitet.

Mit anderen Worten: Gemessen wird derzeit nur an Stellen, die auf jener Liste stehen. Und erst, wenn jene Messreihen abgeschlossen sind, sei es möglich, weitere Messstellen einzurichten. Dies werde aber wohl nicht vor den Jahren 2019 oder 2020 geschehen sein.

Datenlage

Doch was ist mit den Daten, die durch die Stadt Calw erhoben wurden? Reichen die nicht aus? Nein, heißt es vonseiten der LUBW. Die orientierenden Messungen könnten nicht als Grundlage für einen Luftreinhalteplan dienen, da hierfür Messungen über ein Kalenderjahr (vom 1. Januar bis zum 31. Dezember) erforderlich seien. Eine Hochrechnung von Daten, die in kürzeren Fristen erhoben wurden, sei wenig zuverlässig, da die Stickstoffdioxidkonzentrationen über das Jahr stark schwanke. Die in Calw vorgenommenen Messungen, so hatte eine Sprecherin bereits bei einer früheren Anfrage unserer Zeitung erklärt, lieferten "lediglich einen orientierenden Hinweis auf die Stickstoffoxid-Situation und mögliche Grenzwertüberschreitungen".

Die verwendete Methode liefere keine wissenschaftlich exakten Daten, sondern Anhaltspunkte; die Methode weise "eine erweiterte Messunsicherheit von plus/minus 20 Prozent auf". Diese plus/minus 20 Prozent gelten laut Angaben der LUBW zudem nur dann, "wenn das gesamte Messjahr lückenlos erfasst wird. Bei Stichprobenmessungen oder verkürzten Messzeiträumen kommt noch die Unsicherheit der Stichprobe hinzu." Einschätzung Insgesamt, so schätzt die LUBW, liege der Jahresmittelwert der Luftbelastung in Calw für die untersuchten Straßenabschnitte bei 39 bis 48 Mikrogramm Stickstoffoxide pro Kubikmeter. Dies ergebe sich aus einem Vergleich der gemessenen Stickstoffdioxidkonzentrationen mit den Ergebnissen anderer Messstellen. Und möglicherweise habe sich das Problem der Grenzwertüberschreitung in Calw in naher Zukunft ohnehin erledigt: Die Landesanstalt rechnet "bis zum Jahr 2020 allein auf Grund der stattfindenden Kfz-Flottenerneuerung mit einem Rückgang der Stickstoffdioxidkonzentrationen in der Größenordnung von fünf bis acht Mikrogramm Stickstoffoxide pro Kubikmeter".