Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Mitte) schaute im Rahmen seines Kreisbesuches auch bei der Calwer Firma Perrot, renommierter Hersteller von Turmuhren, vorbei. Foto: Fritsch

Baden-württembergischer Ministerpräsident hat bei seinem Besuch im Kreis Calw nicht nur gute Nachrichten im Gepäck.

Kreis Calw - Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) hat bei seinem gestrigen Besuch im Kreis Calw allzu hohe Erwartungen an das Land gedämpft, was Zuschüsse für die Krankenhäuser wie auch für die S-Bahn anbelangt. Natürlich könne man sich eine finanzielle Unterstützung der Hermann-Hesse-Bahn vorstellen, sagte er im Gespräch mit unserer Zeitung: "Die Frage ist nur wann?"

Bei solchen Anlässen pflegen Spitzenpolitiker stets viel zu versprechen. Nicht so Winfried Kretschmann, im Gegenteil.

Bislang wurde in der politischen Diskussion über die Klinikreform der geplante Neubau des Calwer Krankenhauses, immerhin zwischen 30 und 34 Millionen Euro teuer, in einem Atemzug genannt mit einer 50-prozentigen Förderung durch das Land. Ein Brief eines Abteilungsleiters aus dem Sozialministerium, der nicht nur den Bürgerbeteiligungsprozess, sondern auch die geplante Klinikreform in den höchsten Tönen gelobt hatte, schuf eine gewisse Erwartungshaltung, wurde in den Augen des Regierungschefs aber womöglich "überinterpretiert".

Der Grüne Landesvater gestern vor versammelter Bürgermeister- und Kreistagsriege: "Ich war selbst verwundert über das Schreiben. Anstelle des Beamten hätte ich vorsichtiger formuliert." Kurzum, meinte Kretschmann, dürfe man dieses Schreiben nicht als Förderzusage auffassen: "Da ist noch keine Vorentscheidung gefallen. Ich spreche die Dinge offen an". Mit diesem Bekenntnis wollte er zwar keine Unruhe schüren, wie er sagte, aber mancher Kreisrat war genauso erstaunt wie Landrat Helmut Riegger, der freimütig bekannte: "Da haben Sie mich jetzt aber doch erschreckt."

Bei allem Verständnis die medizinische Grundversorgung auf dem Land sichern zu wollen, richtete Kretschmann indes auch einen Appell an die Verantwortlichen, nur Krankenhäuser zu bauen, "in denen sich die Leute auch operieren lassen". Man könne nicht gegen die Patienten Krankenhäuser erhalten.

Angesichts leerer öffentlicher Kassen machte der baden-württembergische Regierungschef den Kommunalpolitikern auch nur wenig Hoffnung, was Investitionen in die Landesstraßen des Kreises anbelangt. Natürlich habe er ein Herz für den ländlichen Raum, aber das Geld müsse dorthin fließen, wo das Herz des Landes – im Dauerstau – schlägt: "Wir werden davon nicht abrücken."

"Als wollte ich die Heimat zerstören!"

Landrat Riegger nahm die Gelegenheit wahr, nochmals für das Projekt S-Bahnanbindung zu werben, das zwischen 48 und 57 Millionen Euro kosten wird. Die Hälfte, so hofft man, trägt wiederum das Land. "Aus dem Verkehrsministerium haben wir 100-prozentige Unterstützung des Projekts", meinte Riegger: "Wir hoffen auf eine positive Nachricht." Winfried Kretschmann stellte eine mögliche Förderung der S-Bahn auf Nachfrage unserer Zeitung nicht in Abrede: "Die Frage ist nur wann?" Bis 2019 wollte der Kreis eigentlich die Schwarzwaldbahn nicht nur reaktiviert, sondern auch abgerechnet haben.

In einem Punkt wurde Kretschmann, ansonsten ganz besonnener Landesvater, dann doch noch leidenschaftlich: beim Nationalpark. Bad Wildbads Bürgermeister Klaus Mack (CDU) hatte sich über "Begleiterscheinungen" bei der Nationalparkdebatte im Landtag mokiert, die ihm "sauer aufgestoßen" seien. Dass von Landespolitikern in diesem Zusammenhang Worte wie "Hintertupfingen" und "Restminderheit" über die Parkgegner gefallen seien, zeige eine "gewisse Geisteshaltung zum ländlichen Raum", meinte Wildbads Schultes.

Das sei gewiss keine "glückliche Wortwahl" gewesen, entgegnete Kretschmann, der sich im Nachhinein aber immer noch verwundert zeigte über die Entscheidung im Enztal gegen den Nationalpark: "Wenn eine Region, die mit zurückgehenden Tourismuszahlen zu kämpfen hat, so tut, als wollte man ihr was Böses antun, nur weil man ein Stückchen Wald sich selbst überlassen will – das ist mir schon schleierhaft", und fügte hinzu: "Als wollte ich die Heimat zerstören!". Dennoch habe er Respekt vor den Nationalparkgegnern. Jetzt müsse man die Gräben zuschütten und zu einer sachlichen Diskussion zurückkehren.

Im Rahmen der Kreisbesichtigung schaute Kretschmann auch bei Perrot Turmuhren und bei der Gemeinschaftsschule in Neubulach vorbei. Abends traf er im Congress-Center in Wart mit den Bürgern des Kreises zusammen (wir werden noch berichten).