Christoph Schmitt (links), Kurator der Sonderausstellung "500 Jahre Klosterchronik Annales Hirsaugienses". Foto: Kunert Foto: Schwarzwälder-Bote

Christoph Schmitt trägt Exponate fast im Alleingang zusammen / Autor Trithemius Fälschungen nachgewiesen

Von Axel H. Kunert

Calw-Hirsau. Damit hatte weder die Leiterin der Calwer Museen, Felicitas Hartmann, noch der Kurator der neuen Sonderausstellung "500 Jahre Klosterchronik Annales Hirsaugienses", Christoph Schmitt, gerechnet: Zur Vernissage im Klostermuseum kamen am Freitagabend so viele Neugierige und Interessierte, dass viele die Eröffnungsveranstaltung im Stehen verfolgen mussten.

Für Schmitt, Bildungsreferent der katholischen Erwachsenenbildung im nördlichen Schwarzwald, war diese gewaltige Resonanz eine tolle Bestätigung. Wochenlang hatte er fast im Alleingang die vielen "hochkarätigen Exponate" (Zitat Hartmann) zusammengetragen und für die Präsentation aufgearbeitet, wobei ihm vor allem die Rezeptionsgeschichte der "Annales Hirsaugienses", des berühmten Hauptwerks der Hirsauer Klostergeschichte aus der Hand des Universalgelehrten Johannes Trithemius (1462-1516), interessierte.

"Jede Zeit in den letzten 500 Jahren hat sich mit Trithemius und seinen Werken beschäftigt. Und oft auch kontrovers", so Schmitt. Gerade die dem Hirsauer Kloster gewidmete "Annales", in dem die Geschichte des Klosters vom 11. bis zum Beginn des 16. Jahrhunderts im Spannungsfeld zur "großen Geschichte" des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nationen erzählt wird, erfuhr durch einen Nachdruck der ursprünglichen Handschrift eine für damalige Verhältnisse weite Verbreitung in Europa. Und prägte in der Folge Geschichtsbild und -diskussion von Generationen. Allerdings: Dem Verfasser Trithemius konnten auch Fälschungen bei seinen Quellen nachgewiesen werden, deren Hintergrund und Motive auch die Hirsauer Ausstellung nicht ausspart.

Schmitt: "Wir kennen den Abt Johannes Trithemius heute vor allem auch als Verfasser kryptologischer Schriften. Er hat sich mit Geheimwissen beschäftigt, was ihm den Verdacht einbrachte, sich der schwarzen Magie verschrieben zu haben." Trithemius selbst habe diesem Vorwurf stets heftig widersprochen. Wohl nicht ohne Erfolg zu seiner Zeit – sonst hätte man ihm sicher in seinen späten Jahren nicht mit dem Verfassen des "Opus Magnum" der Hirsauer Klosterchronik beauftragt.

Viereinhalb Jahre hat Trithemius an dem zweibändigen, rund 1300 Seiten starken und vier Kilo schweren Werk gearbeitet. Im Frühjahr 1514 – vor exakt 500 Jahren – traf in Hirsau die Nachricht zur Fertigstellung der wertvollen Handschrift ein. Ein Jahr später dann lieferte Trithemius seine "Annales Hirsaugienses" im Original ab. Was folgte, war eine zum Teil abenteuerliche Wandergeschichte des berühmten Buches zwischen Würzburg, Hirsau, Stuttgart und Tübingen bis nach München, wo das Original heute im Tresor der Bayerischen Staatsbibliothek lagert. Eine Wandergeschichte, die auch die Hirsauer Ausstellung jetzt nachspürt.

Das Original heute wieder in Hirsau zu zeigen, dafür gab es laut Schmitt keine Möglichkeit, da dem Klostermuseum die technische Ausstattung, wie etwa eine Klimaregelung, fehlt. Aber es existieren Faksimiles, auf die für die Ausstellungsgestaltung zurückgegriffen wurde.

In Rahmenveranstaltungen zur Ausstellung wird in den nächsten Wochen in die Inhalte der "Annales Hirsaugienses" eingeführt, so am Freitag, 9. Mai, (20 Uhr), wenn Joachim Schneider von der Universität Mainz über "Zeitgeschichtschronistik bei Trithemius" sprechen wird.

Die Sonderausstellung ist bis 29. Juni zu sehen.