Kater Tommy macht täglich einen Rundgang durch die Geschäfte in der Lederstraße. Dabei fällt oft ein Leckerli ab oder er genießt die Streicheleinheiten von Kundschaft und Personal. Foto: Selent-Witowski

Abenteurer macht täglich Runde durch Geschäfte in Calw. Derzeit wohl meistfotografierter Vertreter seiner Art.

Calw - Temperamentvoll, mutig und eigensinnig – so erlebt Gülnara Mammadova ihren Kater jeden Tag. An sich nichts Außergewöhnliches, denn vor allem für Letzteres sind die Vierbeiner bekannt. Doch das Energiebündel, das auf den Namen Tommy hört, umgarnt mit seinem selbstsicheren Auftreten nicht nur sein Frauchen.

Schnurren, Faulenzen und Köpfchengeben gehören von Natur aus zum Repertoire des charmanten Bürschchens. Am wichtigsten scheint ihm aber seine tägliche Erkundungstour zu sein. Sein Zuhause ist in der Kronengasse. Von dort stromert er los Richtung Lederstraße, manchmal bis ans Untere Ledereck oder bis auf den Marktplatz.

Ladengeschäfte ziehen den Kater mit getigertem Fell, grün-blauen Augen, weißen Pfoten und dem hängenden rechten Ohr, seinem Markenzeichen, offenbar magisch an. Tommy nimmt wie die Kunden die Eingangstür. Er versucht jedoch nicht, unbemerkt in den Laden zu flitzen, sondern hat die Ruhe weg und tapst meist erhobenen Schwanzes völlig entspannt in die Verkaufsräume. Wer ihn bei seinen regelmäßigen Stippvisiten beobachtet, merkt schnell: Er tut das, weil er es sich in den Kopf gesetzt hat und nicht, weil er jemandem damit gefallen will – typisch Katze.

Aufmerksamkeit mit besonderen Kunststückchen zu erhaschen, überlassen Katzen den Vierbeinern der Gattung Hund. Aber eben wegen seines großen Charmes sowie seiner Lässigkeit fliegen Tommy die Herzen des Personals und vor allem der Kundschaft zu. Die Einkäufer schauen zwar meist etwas verdutzt, wenn sie das Tier in ungewohnter Umgebung sehen, verlassen den Laden aber meist mit einem breiten Grinsen, wenn sie über den Aufenthaltsstatus des Tigerchens aufgeklärt wurden, oder erst dann, wenn sie den Kater gestreichelt haben. Nicht wenige zücken das Handy, um einen Schnappschuss zu machen. Tommy dürfte der derzeit meistfotografierte Vertreter seiner Art in Calw sein.

Den ganzen Tag schlendert der Kater durch die Straßen. "Vor 20 Uhr brauche ich gar nicht mit ihm zu rechnen", erzählt Tommys Besitzerin. Seine Gesellschaft ausgiebig zu genießen, sei nur an Sonntagen möglich: "Da bleibt er dann tatsächlich da, weil die Geschäfte geschlossen sind". Was wiederum zur Folge haben könne, dass ihm langweilig werde, er nicht so gut gelaunt sei und sich mit Mila, ihrer zweiten Katze, die nur in der Wohnung lebe, anlege.

Ganz unrecht sind dem besonderen Stammkunden Schmuseeinheiten und das ein oder andere Leckerli nicht. Nur, wenn er zu sehr getätschelt wird oder man ihm zu lange Aufmerksamkeit schenkt, beschwert sich Tommy mit lautem Maunzen oder fährt auch schon mal die Krallen aus. Gar nicht genug von dem Kater bekommen kann eine der Verkäuferinnen in der Lederstraße. Ihr Chef sehe es zwar nicht gern, dass man sich außer der Kundschaft auch dem Kater widme. Ihr Vorgesetzter habe aber ein Einsehen gehabt und dulde den beliebten Besucher. So wird es auch in den benachbarten Geschäften gehandhabt, mit einer Ausnahme: In der Drogerie gegenüber werden auch Lebensmittel verkauft, und deswegen hat Tommy aus Hygienegründen Hausverbot.

Ein Passant hat vor einigen Wochen dafür gesorgt, dass der Kater jetzt auch Facebook-Nutzern ein Begriff ist. Tommy hat es eines Abends tatsächlich geschafft, den Ladenschluss zu verpassen und musste in einem Geschäft nächtigen. Panisch wurde er deswegen nicht, sondern machte sich in einer Schaufensterauslage breit und ließ sich dabei ablichten.

Von Panik kann auch keine Rede sein, wenn Tommy Hunden begegnet. Anstatt Reißaus zu nehmen, stellt er sich ohne Scheu und jeglichen Respekt dem Tier erst einmal entgegen. Das rührt daher, dass er sich schon als Welpe gegen den Hund der Familie, bei der er zur Welt kam, behaupten musste.

Und da gibt es noch so eine Marotte: Tommys Neugier gewinnt immer dann die Oberhand, wenn ein geparktes Auto offensteht. "Er springt gerne in fremde Fahrzeuge", berichtet sein Frauchen. Sie hoffe, dass er nicht eines Tages unbemerkt mitgenommen werde.

Dass das "Katze-haben" bedeuten kann, mindestens doppelt so viele Macken wie die des Partners oder Ehemanns ertragen zu müssen, ist Tommys Besitzerin völlig gleichgültig. "Von Kindesbeinen an habe ich mit Katzen zusammengelebt. Ich liebe diese Tiere", sagt Gülnara Mammadova. Tommy sei ein ganz besonderes Exemplar. "Ich würde ihn niemals hergeben, auch wenn er sehr eigensinnig ist." In seltenen Momenten ist sie es, die die Oberhand behält: "Wenn Tommy Frischkäse bekommt, wird er ganz zahm".