Landrat Helmut Riegger zieht eine Bilanz seiner ersten Monate im Amt. Besonders in Sachen S-Bahn, Breitbandversorgung und im ÖPNV (rechts, von oben) will er weiter Akzente setzen. Fotos: Fritsch (2)/Archiv (2) Foto: Schwarzwälder-Bote

Calws Landrat Helmut Riegger zieht eine Bilanz seiner ersten Monate im Amt / S-Bahn genießt oberste Priorität

Von Sebastian Bernklau

Kreis Calw. Mehr als ein halbes Jahr ist Landrat Helmut Riegger jetzt im Amt. In dieser Zeit hat er schon so manche Akzente gesetzt. Im Gespräch mit unserer Zeitung zieht der Kreischef eine erste Bilanz im neuen Amt.Für Helmut Riegger steht eines fest: Die Anbindung des Kreises an das Stuttgarter S-Bahnnetz hat für ihn als Calwer Landrat oberste Priorität. Er weiß, dass die Verhandlungen und Gespräche mit Bund, Land und der Region Stuttgart ein hartes Stück Arbeit werden und er dicke Bretter bohren muss. Doch eines macht er seinen Verhandlungspartnern schon jetzt selbstbewusst klar: "Ich trete nicht als Bittsteller auf." Er will Gespräche auf Augenhöhe führen – mit Stuttgart genauso wie mit Berlin. Und er macht auch gleich einmal klar, dass er – sollten die Gespräche um eine Verlängerung der S-Bahn in den Kreis Calw in eine Sackgasse führen – eine Alternative in der Hinterhand hat. Denn der Landrat kann sich durchaus eine Anbindung ans Stuttgarter Netz auch über eine Stadtbahn nach dem Modell Enztalbahn vorstellen.

Im ersten halben Jahr seiner Amtszeit hat Riegger die S-Bahn-Gespräche vorangetrieben. Er hat bereits Vertreter aus Stuttgart und aus Berlin zu Gast im Kreis Calw gehabt. Zudem war er gemeinsam mit seinem Böblinger Amtskollegen Roland Bernhard bereits auf Besuch bei der baden-württembergischen Umwelt- und Verkehrsministerin Tanja Gönner. Den ehemaligen Ersten Landesbeamten aus Calw und jetzigen Kollegen in Böblingen hat er in der Sache S-Bahn als "optimalen Partner" kennengelernt, mit dem er einen "guten Doppelpass" spiele.

Ihn schreckt beim Vorhaben S-Bahn nicht, dass die Anbindung den Landkreis zunächst einmal 80 Millionen Euro kosten wird. Immerhin sei die Maßnahme eine mit einer Wirkung auf 40 Jahre und mehr, zudem rechnet er mit bis zu 50 Prozent Zuschüssen.

Auch bei der Neuordnung des Busverkehrs im Kreis Calw will Riegger Akzente setzen. "Wir wollen agieren statt reagieren", macht er deutlich. "Und wir geben dabei den Takt vor", schreibt er allen daran Beteiligten ins Stammbuch. Man wolle ein größeres Angebot, weniger Parallelverkehre und das für eine Summe öffentlichen Geldes, die nicht viel höher liegt als bisher, so der Kreischef im Gespräch mit unserer Zeitung.

Auch bei einem dritten Infrastruktur-Thema sieht sich der Kreischef als treibende Kraft: bei der flächendeckenden Anbindung des Kreises an die Datenautobahn. "Da muss etwas passieren", sagt Riegger, "und zwar zwingend". Denn die gute Anbindung an die Datenautobahn sei kein Luxus, sondern Standard.

Ein weiteres Kernthema der nächsten Monate wird zweifelsohne die Debatte um die Zuständigkeiten für die Hartz IV-Empfänger sein. Der Kreis Calw sei dafür gut aufgestellt. Man solle als Kreis zumindest den Finger heben, um seine Bereitschaft zu signalisieren, alle Aufgaben rund um Hartz IV alleine zu schultern. Von Schreckensszenarien, dass durch diese so genannte Option die Existenz der Arbeitsagentur Nagold gefährdet werden könnte, will sich Riegger nicht beeindrucken lassen: "Damit lasse ich mir nicht drohen", macht er klar.

Der Beschluss des Kreistags, eine eigene Tourismusfördererin beim Kreis einzustellen, fiel zwar noch nicht in seine Ägide, trotzdem bescheinigt er seinem Vorgänger Hans-Werner Köblitz als auch dem Kreistag, genau die richtige Entscheidung getroffen zu haben – auch was die Personalauswahl angehe. Denn Christine Schönhuber mache einen guten Job. Doch auch auf diesem Gebiet könnte der Kreischef bald neue Akzente setzen. So könnte er sich gut vorstellen, die Kräfte im Kreis weiter zu bündeln und eine eigene Tourismusgesellschaft zu gründen, bei der Spezialisten sich um einzelne Themen wie Radtourismus oder Bäder kümmern sollen.

Zwei weitere wegweisende Personalentscheidungen hat Riegger schon forciert. So hat der Kreistag schon beschlossen, einen eigenen Wirtschaftsförderer einzustellen.

Die zweite Personalie betrifft ein Thema, das die nächsten Monate und Jahre im Kreis stark mitbestimmen wird: die klamme Kasse des Kreises. Die soll in der nächsten Zukunft von einem eigenen Kreiskämmerer geführt werden. Vier Millionen Euro müssen etwa im kommenden Haushalt eingespart werden. Da müsse man auch darüber nachdenken, alte Zöpfe abzuschneiden, mahnt der Landrat. So kann sich Riegger durchaus vorstellen, dass ein Teil dieser Finanzlücke durch eine höhere Kreisumlage geschlossen wird.

"Das war schon ein strammes Programm", resümiert Riegger seine ersten Monate im Amt durchaus positiv. "Und da waren einige für den Kreis wirklich wichtige Entscheidungen dabei."