Foto: Antje Bösl

Comedian und Musiker strapaziert Lachmuskeln des Publikums. Bei "Katzeklo" singen alle mit.

Calw-Hirsau - Gut, dass seine Fans nochmal da waren. Helge Schneider will in Rente gehen nach dieser "Pretty Joe und die Dorfschönheiten"-Tour und frühestens in 40 Jahren ein Comeback starten.

So ganz nahm ihm das sein Publikum im Hirsauer Kreuzgang nicht ab, denn der zunächst in schwarzes Elefantenleder gewandete Meister des Absurden ließ keine Ermüdungserscheinungen erkennen. Mit abenteuerlichen Verrenkungen stakste er auf die Bühne, freute sich, dass "die vielen Fotografen ein schönes Bild vom schönsten Tag bekommen" und startete mit "Hast du eine Mutter, hast du immer Butter... im Schrank" einen Angriff auf die Seele sowie auf die Lachmuskeln seiner Zuhörer. Und "Katzeklo" kam sofort danach, damit die anwesenden Kinder anschließend heimgehen konnten. Ein gelangweiltes "Ihr könnt mitsingen" zeigte an, dass er sein Pflichtprogramm absolviert hatte.

Als unbedarfter Zuschauer fragt man sich, was die Faszination dieses Mannes ausmacht. Dass er fasziniert, ist unschwer an den lautstarken Beifallsbekundungen und den nicht enden wollenden Lachsalven seiner begeisterten Fangemeinde zu hören. Der 1955 in Mülheim an der Ruhr geborene Tausendsassa spielte schon mit 15 Jahren in Cafés Klavier und bewies auch in Hirsau seine instrumentale Virtuosität, wenngleich er den Eindruck immer wieder durch schräge Einfälle verwischte. Klavier spielt er zeitgleich mit der Trompete, und das Saxophon-Mundstück schiebt er fast bis zum Anschlag in den Mund. "Heb mich mal auf den Hocker" befiehlt er Bodo, seinem Teekellner, macht sich stocksteif und lässt sich platzieren, um ein zwerchfellerschütterndes, von rasantem Gitarrenspiel begleitetes Flamenco-Geheul anzustimmen. Und prompt klemmt er sich die Finger in den Saiten ein.

Das spanische geht über ins japanische Idiom bei einem fernöstlichen Volksliedchen in Phantasiesprache. Als Schönheitschirurg von Banania verlängert er Brüste, füllt sie mit Holzwolle aus dem Kopf ihrer Trägerin oder wenn‘s noch nicht reicht, mit dem Inhalt des alten Teddys. Mit tiefem Bass singt er in Heino-Manier "100 000 Rosen", näselt und hampelt wie Grönemeyer "De Nacht ist kalt, de Couch breitet seine Flügel aus" und kriegt die Kurve in ein französisches Chanson.

Es ist wohl die Mischung aus all dem, die Schneiders Publikum fasziniert: Er hat den Jazz im Blut als Musiker, er hat eine Stimme, die einen erstaunlichen Tonumfang meistert, es kommt kaum ein Satz aus seinem Mund, der sich nicht aberwitzig schräg ins Absurde wendet. Und er ist ein herrlicher Parodist mit einem Hang zur Persiflage. "Es hat sich richtig, richtig gelohnt, dass ich hier dabei war!" Eine junge Zuhörerin hat kurzentschlossen eine der wenigen Restkarten an der Abendkasse gekauft, um ihr Idol endlich einmal live zu erleben. Als Zugabe bekam sie und der Rest des Publikums die einmalige Standup-Improvisationsgeschichte von der Katzenoma, die auf dem Weg zur Fleischtheke mit dem Daumen ins Handlaufgummi der Rolltreppe gerät und "in den vierten Stock hochgeschliffen wird".