"Dort oben sitzt der berühmte Kepler in Bronze gegossen", scheint Stadtführer Hansgeorg Latt den Besuchern vom KGV auf dem Marktplatz zu erklären. Foto: Schabert Foto: Schwarzwälder-Bote

Heimatgeschichte: Mehr als 50 Besucher lernen bei Führung mit dem KGV Weil der Stadt kennen

Calw/Weil der Stadt (hms). Stadtführer Hansgeorg Latt und die Beschreibung des Oberamts Leonberg von 1852 stimmten beim Rundgang in Weil der Stadt mit der über 50-köpfigen Besuchergruppe des Kreisgeschichtsvereins Calw (KGV) überein: Der 527 Jahre lang freie Reichsstadt gewesene Geburtsort von Johannes Brenz und Johannes Kepler hat weit mehr, als diese besonderen historischen Merkmale zu bieten.

Bedeutende Kunstschätze

Die Pfarrkirche mit Bauteilen aus dem 13. wird im 19. Jahrhundert "als großartiges Gebäude, das zu den schönsten der Gegend gezählt werden darf", beschrieben. Im Innern sind heute bedeutende Kunstschätze die lebensgroße, 550 Jahre alte Kreuzigungsgruppe mit Naturhaaren, das Sakramentshaus von 1611, der barocke Hochaltar von 1700 oder das 1940 entstandene bunte Glasfenster, das Hitler als Satan bei der Versuchung von Jesu in der Wüste zeigt. Ein paar Ecken weiter präsentiert sich die Spitalkapelle mit einem Fresco aus dem 14. und Hochaltar aus dem 15. Jahrhundert.

KGV-Vorsitzender Hans Schabert erinnerte bei der Begrüßung auf dem weitläufigen, mit Kaiser-Brunnen und Kepler-Denkmal ausgestatten Marktplatz an eine weniger bekannte Verbindung zwischen Weil der Stadt und Calw: Der 1605 in Breitenberg als Pfarrerssohn geborene, spätere Andreä-Nachfolger als Calwer Dekan und Stuttgarter Oberhofprediger, Christoph Zeller, habe nach Absolvierung der Calwer Lateinschule als Protestant ein Stipendium von der katholischen Stadt für Tübingen erhalten, was damals Weltoffenheit gezeigt habe.

Römische Villa Rustika

Den Namen Weil erklärte Latt als aus Villa entwickelt. Ehe das Gebiet um 260 alemannisch geworden sei, habe am Platz eine römische Villa Rustika existiert. In Urkunden des Klosters Hirsau sei der – zur Unterscheidung von anderen Weils mit dem Zusatz "der Stadt" versehene – Ort 1075 erstmals genannt. Als kleines Städtchen und Handelsplatz an zwei sich kreuzenden historischen Fernstraßen wurde Weil in der Stauferzeit befestigt.

Die Erhebung zur freien Reichsstadt erfolgte 1275 durch Kaiser Rudolph von Habsburg. Daraus resultierende Privilegien bedeuteten allerdings nicht stetigem Wohlstand.

Nach Bränden rasch und nicht dauerhaft wiederaufgebaut, hatte die Bevölkerung teils schwierige Zeiten. Das Geburtshaus des 1571 in der Stadt geborenen, herausragenden Mathematikers, Naturphilosophen, Astrologen, Optikers, Theologen und Astronomen Johannes Kepler neben dem Rathaus ist heute Museum. Er belegte weltbildprägende Erkenntnisse in den Keplerschen Gesetzen.