Am Montag stellte Landrat Helmut Riegger seinen Entwurf für den Haushalt 2015 vor. Foto: Bernklau

Landrat Helmut Riegger bringt Haushalt 2015 in Kreistag ein. Für mehr als Pflicht reicht es einfach nicht.

Kreis Calw - Eigentlich sind die Rahmenbedingungen ja gut. Die Steuerkraft der Gemeinden im Kreis Calw war noch nie so hoch. Doch Geschenke kann der Landkreis trotzdem nicht verteilen. Denn in die Pflichtaufgaben, die er erfüllen muss, fließt so viel Geld, dass der Landkreis sogar Schulden aufnehmen und die Kreisumlage erhöhen will, um wenigstens das Nötigste finanzieren zu können.

Calws Landrat Helmut Riegger übte sich gestern bei der Vorstellung seines Entwurfs für den 167,1 Millionen Euro starken Kreishaushalt 2015 ein wenig in Galgenhumor Marke "Dinner for one": Mit einem Zitat aus dem Silvester-Dauerbrenner kommentierte er die erneute drastische Steigerung bei den Sozialausgaben, mit denen man für das kommende Jahr rechnet: "Same procedure as every year" (Die gleiche Prozedur wie im vergangenen Jahr).

Pflichtaufgaben wachsen Kreis über den Kopf

Jedes Jahr leiste man gute Arbeit in diesem Bereich und trotzdem schieße der Zuschussbedarf in diesem Sektor immer wieder in die Höhe, dieses Jahr um weitere 4,4 Millionen Euro. Das bedeutet, dass der Kreis nächstes Jahr fast 60 Millionen Euro in diesen Bereich zuschießen muss. Das ist mehr Geld als der Kreis im kommenden Jahr von den Gemeinden als Kreisumlage einzunehmen gedenkt.

Es sind Pflichtaufgaben wie diese, die die finanziellen Spielräume des Landkreises massiv einengen und die dem Kreis "über den Kopf wachsen", wie es Riegger gestern umschrieb: Dazu gehören etwa die Kosten für das Jobcenter in Höhe von etwa zehn Millionen Euro, der Verlustausgleich für die Krankenhäuser in Höhe von 4,6 Millionen Euro und als jüngste Aufgabe die Flüchtlingsunterbringung.

Für die warb Riegger in seiner Haushaltsrede zwar leidenschaftlich, musste jedoch den Räten klar machen, dass der Landkreis dafür sehr viel Geld in die Hand nehmen muss und will. Allein fast vier Millionen Euro soll der Bau von zwei weiteren Gemeinschaftsunterkünften kosten. Dazu kommen noch die direkten Kosten für die Flüchtlinge, die den Landkreis noch einmal 3,4 Millionen Euro kosten, während das Land dafür 3,5 Millionen Euro beisteuert.

In diesem Zusammenhang plädierte Kreischef Riegger dafür, dass die Aufwendungen – wie das früher schon üblich gewesen sei und wie das aktuell auch in Bayern und Mecklenburg-Vorpommern gehandhabt werde – beim Land spitz abgerechnet werden.

Mit den vier Millionen Euro stellen die beiden neuen Unterkünfte auch den Löwenanteil bei den geplanten Investitionen des Landkreises im kommenden Jahr. Die liegen auf einem Rekordniveau von neun Millionen Euro. Darüber hinaus fließen zwei Millionen in den Straßenbau im Kreis Calw, 1,8 Millionen in die Schulen.

Möglich werden sollen diese Investitionen hauptsächlich durch zwei Maßnahmen: zunächst durch eine Nettokreditaufnahme von 3,9 Millionen Euro, was die Verschuldung des Landkreises auf 25,1 Millionen Euro in die Höhe treiben würde. Die zweite Maßnahme ist die vorgeschlagene Erhöhung der Kreisumlage, die die Städte und Gemeinden an den Landkreis abführen müssen, von derzeit 33 Prozent auf dann 34,2 Prozent. Eine Maßnahme, die für Landrat Helmut Riegger trotz allem Widerstreben unumgänglich ist: "Die Kreisumlage können wir nicht halten", sagte der Kreischef im Gespräch mit unserer Zeitung.

Hoffnung, dass man sich an anderer Stelle Luft verschaffen kann, machte der Landrat keine. Bei den Kliniken müsse man weiter mit Millionenzahlungen rechnen ("Die schwarze Null kommt da so schnell nicht"), und auch beim Personal sei nichts mehr zu holen. Da könne man nicht mehr kürzen. Riegger fasste das mit den Worten "Der Haushalt ist ausgepresst. Da ist keine Kür mehr drin. Da gibt es nur die Pflicht" zusammen.

Dass der Landkreis trotzdem noch in die Zukunft der Krankenhäuser und in die Hessebahn investieren kann, liegt an zwei Kniffen: Die 2,5 Millionen Euro Planungskosten, die für die Hesse-Bahn anfallen, werden über den noch 2014 zu gründenden Zweckverband finanziert. Der Neubau der Klinik in Calw und die Sanierung des Nagolder Krankenhauses mit Gesamtkosten von 63 Millionen Euro wird über die Krankenhaus GmbH abgewickelt.

Gute Nachrichten für das kommende Jahr hatte Landrat Helmut Riegger dann doch noch im Gepäck. Im zehnten Jahr in Folge bleiben die Müllgebühren konstant. Dass in diesem Bereich jedoch auch nicht alles eitel Sonnenschein ist, deutete Riegger nur an: Das Restmüllheizkraftwerk in Böblingen – das von einem Zweckverband aus den Kreisen Böblingen (51 Prozent Anteil), Calw (21,4 Prozent), Stuttgart (18 Prozent) und Freudenstadt (knapp zehn Prozent) betrieben wird – verursache weiter viel zu hohe Kosten, kritisierte Riegger.