Die Zukunft der Kliniken im Kreis – hier Nagold – treibt auch die Kreisräte mächtig um. Archiv- Foto: Fritsch Foto: Schwarzwälder-Bote

Kreisräte führen hitzige Debatte über Kliniksanierungspläne und das Konzept "3plus"

Von Sebastian Bernklau

Kreis Calw. Nach der Vorstellung der Pläne für die Sanierung der Nagolder Klinik und den Neubau eines Krankenhauses in Calw (siehe Artikel rechts) kam es im Calwer Kreistag zu einer teils hitzigen Debatte. Allerdings nicht ausschließlich über die vorgestellten Pläne. Vielmehr entspann sich in der Jahresabschlusssitzung des Gremiums eine eineinhalbstündige Generaldebatte über das Konzept "3plus". Besonders im Fokus einiger Kreisräte: die Verlagerung der Orthopädie von Calw nach Nagold. Bernd Walz (Freie Wähler), unter anderem auch Sprecher der Kreisärzteschaft, nahm eine Argumentation der Gutachter ins Visier: dass die Orthopädie in Nagold das größere Einzugsgebiet habe und so mehr Fälle behandeln könne. Die Gutachter sprechen da von 2000 Behandlungen im Jahr 2020. "Die Calwer Orthopädie hat doch in diesem Jahr schon gut 1850 Fälle", sagte Walz, dem es schleierhaft erscheint, wie Nagold mit einer verringerten Bettenzahl bei der Orthopädie mehr Fälle an Land ziehen will. Wie Karlheinz Kistner (FWV) zweifelt auch Walz die Effektivität des Konzeptes "3plus", ja jeder Sanierungsmaßnahme an: "Egal welches Konzept, schwarze Zahlen werden wir mit keinem schreiben", so Walz.

Dieter Kömpf (FWV) beklagte die Informationspolitik von Klinikverbund und Landkreis in Sachen Orthopädie. "Fakten sind da Fehlanzeige", kritisierte Kömpf, der mahnte, das Medizinkonzept für Calw in Zusammenarbeit mit dem Partner für den Gesundheitscampus auszuarbeiten. Nagold sei mit Blick auf die Orthopädie und die Dreibett-Zimmer "nicht zukunftsfähig" aufgestellt, so Kömpf weiter. In die gleiche Kerbe hieb auch Calws Oberbürgermeister Ralf Eggert (ebenfalls Freie Wähler), der für einen Verbleib der Orthopädie in Calw argumentierte.

Eggert: "Ich will weiter Kritik an 3plus äußern dürfen"

Auf das von Nagolds OB Jürgen Großmann angemahnte Bekenntnis der Stadt Calw zu "3plus" reagierte Eggert scharf. "Ich will die Kritik an 3plus weiter äußern dürfen", griff Eggert Großmann an und hielt ihm vor, dass Calw in diesem Konzept "auf Gedeih und Verderb" auf den Erfolg Nagolds angewiesen sei. Dem hielt Großmann entgegen, dass es noch immer kein anderes schlüssiges Konzept zur wirtschaftlichen Sanierung der Kliniken als "3plus" gebe: "Sollten Sie eines haben und mit einem Gutachten unterlegen, können wir auch darüber reden", so Großmann zu seinem Calwer Amtskollegen.

Landrat Helmut Riegger und SPD-Fraktionschef Rainer Prewo warnten davor, sich im Kreis jetzt auseinander dividieren zu lassen und eine Standortdebatte zu führen.

Die Aufrechnung der potenziellen Verluste einer neuen Calwer Klinik gegen erwartete Gewinne in Nagold hält Gabriele Hiller-Schmid (FDP) zwar für "heikel", trotzdem mache "3plus" Sinn und erhalte den Standort Calw.

Dass das Konzept nicht in Stein gemeißelt ist, darauf wieß Elke Frank, Geschäftsführerin des Klinikverbunds, hin. "Da gibt es noch viele Fragezeichen. Bis 2020 wird es da noch so manche Anpassung geben", blickte sie in die Zukunft. In Sachen Orthopädie rief sie in Erinnerung, dass auch nach dem jetzt vorgelegten Konzept eine Orthopädie in Calw grundsätzlich möglich sei. Allerdings müssten solche Inhalte auch erst mit den Kassen verhandelt werden.

Nach langer hitziger Debatte ging der Kreistag ohne einen Beschluss in dieser Sache auseinander, was keinen störte, denn ein Beschluss war ohnehin nicht geplant.