Das derzeitige Krankenhaus von Sindelfingen soll eines Tages im geplanten neuen Flugfeldklinikum aufgehen. Foto: Klinikverbund

Kreis Böblingen präsentiert Kostenprognosen zur Umsetzung des Konzepts. Zahlen für Leonberg schießen durch Decke.

Kreis Böblingen - Nachdem der Kreis Calw sein Konzept für die Zukunft seiner Kliniken aktualisiert hat, hat gestern der Partner im Klinikverbund Südwest, der Kreis Böblingen, die voraussichtlichen Zahlen für den Neubau der Flugfeldklinik und den Umbau der Häuser in Leonberg und Herrenberg vorgestellt. Allein für die Flugfeldklinik rechnet man mit Gesamtkosten von bis zu 452,4 Millionen Euro.

"Das waren rohe Annahmen", sagt Böblingens Landrat Roland Bernhard zu den Kostenschätzungen aus dem Jahr 2012 für das Medizinkonzept, die damals bei 333,8 Millionen Euro lagen. Jetzt hat der Landkreis Böblingen das Planungsbüro "Drees & Sommer" und die Wirtschaftsprüfer von "Baker Tilly Roelfs" hinzugezogen. "Wir wollen eine All-Inclusive-Rechnung. Nicht nur auf den Bau sondern auch auf die Projektkosten und die Risiken kommt es an", sagt Roland Bernhard.

Die reinen Baukosten für die Großklinik auf dem Flugfeld liegen inzwischen bei 364,9 Millionen Euro, inklusive Parkhaus und Grundstück. Mit Projektkosten wie der IT-Ausstattung, Umzugskosten, Baubewachung und dem Müllkonzept liegen die geschätzten Kosten bei 374,6 bis 376,9 Millionen Euro. Für Risiken wie Baupreissteigerungen, Schallschutzwände und Unvorhergesehenes sind noch mal zwischen 48 und 75,5 Millionen Euro eingeplant. Insgesamt macht das für die Großklinik 422,6 bis 452,4 Millionen Euro. "Mir ist eine frühzeitige realistische Kostenschätzung wichtig. Wir wollen ein gläsernes Medizinkonzept", sagt Roland Bernhard. Dieses Medizinkonzept sieht vor: eine Großklinik für Sindelfingen und Böblingen, ein Neubau in Calw mit weniger Betten, weniger Betten und Fachabteilungen in Leonberg und Herrenberg, dagegen mehr Betten und Abteilungen in Nagold.

Die Großklinik auf dem Flugfeld soll ein regionales Krankenhaus werden. Eröffnung soll 2023 sein. Die Klinik soll alle Fachrichtungen, die es bereits an den Standorten Sindelfingen und Böblingen gibt, behalten und ist auch für komplexe Fälle zuständig. Die Bettenanzahl liegt bei 697 Planbetten. Von den reinen Baukosten von 369,4 Millionen Euro sind rund elf Millionen Euro für das Parkhaus und 15 Millionen Euro für das Grundstück einkalkuliert. Hier sind der Landkreis Böblingen und der Zweckverband Flugfeld noch nicht auf einem Nenner. "Der Zweckverband stellt sich 18 Millionen Euro vor. Der Standort ist ideal, hat aber auch Tücken. Alles ist lösbar, es braucht nur viel Feintuning", sagt Roland Bernhard. Im Herbst möchte der Landkreis das Thema unter Dach und Fach bekommen. Zur Zukunft des derzeitigen Böblinger Klinik-Standorts gebe es Gespräche mit der Stadt: "Wir haben erste Berechnungen aufgestellt. Mehr können wir noch nicht sagen."

Angesichts der neuen Zahlen sieht mancher Kritiker keinen großen Unterschied mehr zu den übrigen Varianten, die 2012 und 2013 diskutiert wurden: Dem Status quo, oder einer gemeinsamen Klinik am Standort Sindelfingen oder Böblingen. "Die Großklinik auf dem Flugfeld schließt als einziges Szenario mit einem positiven Barwert ab. Die anderen Varianten wären deutlich weniger wirtschaftlich", sagt Peter Schill von "Baker Tilly Roelfs".

Die Krankenhäuser Herrenberg, Leonberg und Calw sollen für die Basisversorgung zuständig sein und geben Schwerpunkte an die Großklinik und das Haus in Nagold ab, beziehungsweise arbeiten standortübergreifend zusammen. Herrenberg behält seine Struktur. Die Bettenzahl sinkt dort auf 104. Komplexe Fälle landen bei der Großklinik. Leonberg umfasst als Basisversorger die bisherigen Abteilungen. Die Bettenzahl sinkt auf 162 Planbetten.

Während in Herrenberg die Baukosten mit 26,5 Millionen Euro um eine Million Euro höher werden, schießen die Kosten für das Leonberger Haus mit 69 Millionen Euro statt bisher geschätzten 38 Millionen Euro durch die Decke. "Leonberg ist ein energetischer Dinosaurier", so Landrat Bernhard. Die Technik sei am Ende der Nutzungszeit angelangt, so Martin Loydl, stellvertretender Geschäftsführer des Klinikverbunds. Außerdem gehe es jetzt auch darum, dass die Leonberger Klinik sinnvoll strukturiert werde. "Es war immer Konsens, dass wir die kleinen Häuser fit halten", sagt Böblingens Landrat. Im Herbst entscheidet der Kreistag, wie es weiter geht.

Im Krankenhaus Nagold geht die Leistung über die Basisversorgung hinaus. Es hat weniger Abteilungen als die Großklinik, aber mehr Schwerpunkte als die anderen drei Kliniken. Die Klinik steigert sich von 214 auf 256 Betten. Die Sanierung soll 38,4 Millionen Euro kosten. Calw ist mit 135 Betten eingeplant. Für den Neubau Calw werden 36 Millionen Euro eingeplant.

Der Böblinger Kreistag kennt die neue Kostenplanung für den Kreis seit Dienstag. "Ich habe mit einem großen Gewitter gerechnet, es kam aber viel Verständnis. Die Räte waren dankbar, dass die Zahlen in so einem frühen Stadium auf dem Tisch liegen", sagt Roland Bernhard. "Wir müssen die neuen Strukturen entwickeln, um mittel- und langfristig zukunftsfähig zu sein. Das geht nicht anders als mit der Flugfeldklinik", sagt Elke Frank, Geschäftsführerin des Klinikverbunds. Das Medizinkonzept soll die Zukunft der Kliniken sichern und Verluste senken. 2014 kommt der Klinikverbund auf ein Defizit von elf Millionen Euro: "Wenn wir in den Neubau ziehen, haben wir kein Defizit mehr."