Landesvertretung und indische Botschaft feiern den 200. Geburtstag gemeinsam

Calw/Berlin. In diesem Jahr wäre Hermann Gundert – geboren 1814 in Stuttgart, gestorben 1893 in Cal – 200 Jahre alt geworden. Anlass für die Landesvertretung Baden-Württemberg, in Kooperation mit der indischen Botschaft Berlin zu einem Festakt in beiden Häusern einzuladen.

Der gelehrte und weise Großvater Hermann Hesses ist in Schwaben aufgewachsen und verbrachte mehr als 20 Jahre als Missionar an der Westküste Südindiens im Bundesstaat Kerala. Gundert ist in Südindien bekannter als in seinem Heimatland Deutschland, in das er 1860 nach zurückkehrte und dort die letzten 30 Jahre seines Lebens in Calw im Nordschwarzwald verbrachte.

Mannshohe Denkmäler sind ihm in Kerala gesetzt, Schulen, Kirchen und Bibliotheken nach ihm benannt, die Verehrung ist groß: Dies liegt in erster Linie an den sprachwissenschaftlichen Spuren, die Gundert hinterlassen hat. Mit seinem heute noch in Kerala verwendeten Wörterbuch und einer Grammatik der südindischen Sprache Malayalam schuf Gundert auf Generationen ein gewichtiges sprachwissenschaftliches Werk. Es wurde zur Grundlage für die literarische und kulturelle Identität von mehr als 20 Millionen Menschen an der Malabar-Küste und verschaffte Gundert den Beinamen "Luther von Malabar".

Der indische Botschafter Vijay Gokhale und der Dienststellenleiter der Landesvertretung Claus-Peter Clostermayer freuten sich vor rund 300 Gästen über die Kooperation der beiden in Berlin geografischen benachbarten Häuser in der Tiergartenstraße. Nicht nur über Hermann Gundert als ursprünglich süddeutsches Gewächs mit hohem Wirkungskreis in Südindien oder die Berliner Nachbarschaft der beiden Häuser lassen sich Brücken schlagen – in den nächsten Jahren ist eine Regionenpartnerschaft Baden-Württembergs mit Maharastra (Region um Mumbai) geplant.

Mit dem gemeinsamen Festakt verknüpft war die Eröffnung der Ausstellung "Hermann Hesses gelehrter Großvater Hermann Gundert" im Foyer der indischen Botschaft. Felicitas Hartmann, Leiterin der städtischen Museen Calws, kuratierte die Schau und hielt an diesem Abend den Festvortrag über die innige Beziehung Hesses zu seinem Großvater. Gundert brachte viel Verständnis für den revoltierenden Enkel auf, der in der kleinen Stadt im Nordschwarzwald 1877 das Licht der Welt erblickte und schon im Alter von 13 Jahren wusste, dass er "ein Dichter oder gar nichts" werden wolle – ähnlich dem Großvater, der 60 Jahre früher ebenfalls den vorgezeichneten Weg des evangelischen Pfarrers in Württemberg verließ und sich auf große Reise begab.

Oberbürgermeister Ralf Eggert war als Ehrengast geladen und betonte in seinem Grußwort die Rolle Gunderts als interkulturellem Brückenbauer, der unterschiedliche Religionen, Kulturen und Sprachen mit Neugier studierte, betrachtete und zueinander in Beziehung setzte – und damit seiner Zeit voraus war.

Gundert publizierte seine bedeutenden sprachwissenschaftlichen Werke während seiner Calwer Zeit. Originale Manuskripte und Notizhefte, die Gundert als Vorlage für die Malayalam-Grammatik und das Wörterbuch in Indien anfertigte, sowie wertvolle Palmblatthandschriften sind Teil der Ausstellung. Die Exponate stammen aus dem Hermann-Hesse-Museum Calw und aus dem Nachlass Gunderts aus der Universitätsbibliothek Tübingen.

Weitere Informationen: Die Ausstellung ist im Foyer der indischen Botschaft in Berlin bis zum 15. Dezember zu sehen.