Feinstaub-Alarm – wie auf diesem Bild zu sehen – wird es in Calw wohl auch in Zukunft keinen geben. Foto: Archiv

Schadstoffbelastung entlang der Bischofstraße laut Untersuchung unterhalb des Grenzwerts.

Calw - Der Verkehr rollt, das Wetter ist ungünstig, die Lage im Kessel sowieso. Das Ergebnis: In Stuttgart gibt es immer wieder Feinstaub-Alarm. Was das mit Calw zu tun hat? Weniger als man denkt. Denn die Luft in der Hessestadt ist besser als gedacht.

Brummende Motoren, Blechlawinen, Abgaswolken. Alltag auf der Bischofstraße. Wer hier zu Fuß unterwegs ist, fragt sich beinahe unwillkürlich, wie es in Calw eigentlich um die Luftqualität bestellt ist – gerade dieser Tag, da in Stuttgart beinahe jede Woche wegen der hohen Schadstoffbelastung Feinstaub-Alarm ausgerufen wird.

Kunststoffröhrchen am Fahrbahnrand gibt Auskunft über Luftqualität

Doch warum gab es bislang eigentlich keine ähnlichen Maßnahmen in der Hesse-Stadt? Wären sie überhaupt notwendig? Die überraschende Antwort: Nein. Denn, so berichtet Oberbürgermeister Ralf Eggert: In diesem Jahr sei die Schadstoffbelastung in Calw seines Wissens nach zum ersten Mal – oder zumindest zum ersten Mal seit Jahren – gemessen worden. Die Werte lagen dabei unterhalb des europaweit geltenden Grenzwertes. Die Feinstaubmenge sei dabei aber gar nicht erfasst worden.

Dazu seien aufwendige Untersuchungen nötig, die üblicherweise erst zur Debatte stünden, wenn andere Schadstoffe in bestimmter Konzentration nachgewiesen würden: Stickstoffoxide; chemische Verbindungen, die bei Verbrennungsprozessen unter anderem in Motoren entstehen.

Um die Konzentration dieser Stickstoffoxide zu messen, sei von Mitte Januar bis Mitte Mai ein Kunststoffröhrchen am Fahrbahnrand der Bischofstraße befestigt worden. Anhand der Ablagerung aus der Luft in diesem Röhrchen habe ein Fachbüro dann den Jahresdurchschnitt der Belastung errechnet.

Das Ergebnis: In Calw wurden im Durchschnitt 38 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft nachgewiesen. Der Grenzwert, der nicht überschritten werden sollte, um die Gesundheit nicht zu gefährden, liegt bei 40 Mikrogramm. Eine Abweichung, die auf den ersten Blick gering zu sein scheint. Gefährlich gering. Doch dieser Schein trügt, erklärt OB Eggert.

Wetterlage während Herbst, Winter und Frühjahr wirkt sich auf Messwerte aus

Denn bei jenem Messergebnis müsse auch der Zeitraum berücksichtig werden, in dem gemessen wurde.

So zeigen beispielsweise Erfahrungen aus der Landehauptstadt, das vor allem im Zeitraum zwischen Herbst und Frühjahr die Schadstoffbelastungen am höchsten sind. Aktuell gibt die Stadt Stuttgart auf ihrer Homepage eine Spanne zwischen dem 15. Oktober 2016 und dem 15. April 2017 an.

Hintergrund sind so genannte Inversionswetterlagen, die vor allem in diesen Jahreszeiten auftreten. Bei diesen Wetterlagen sind, anders als sonst üblich, höher gelegene Luftschichten wärmer als jene in Bodennähe. Diese Umkehr sorgt dafür, dass die verschiedenen Luftschichten sich nicht vermischen können; Feinstaub und Stickstoffoxide bleiben somit wie unter einer Glashaube und entweichen nur langsam. Die Belastung der Luft steigt durch die größer werdende Konzentration der Stoffe.

Dass die in Calw gemessenen Werte vor allem während der Hauptzeit solcher Wetterlagen erhoben und dann auf das Jahr hochgerechnet wurden, sei deshalb ein starker Hinweis darauf, dass die tatsächliche durchschnittliche Belastung übers Jahr weit geringer sei, erläutert Eggert.

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Was sind Stickstoffoxide?

Stickstoffoxide sind chemische Verbindungen, die nach Angaben des Umweltbundesamtes als Produkte unerwünschter Nebenreaktionen bei Verbrennungsprozessen entstehen. Hauptquellen von Stickstoffoxiden sind Verbrennungsmotoren und Feuerungsanlagen für Kohle, Öl, Gas, Holz und Abfälle.

Was sind die Gefahren von Stickstoffoxiden?

Stickstoffoxide reizen die Schleimhäute der Augen und Atmungsorgane. Es kann unter anderem zu Hustenreiz, Atembeschwerden und Augenreizung kommen, erklärt das Umweltbundesamt. Außerdem tragen sie als Vorläuferstoffe zur Bildung von bodennahem Ozon bei, wirken überdüngend und versauernd und schädigen dadurch auch mittelbar die Vegetation und den Boden. Stickstoffoxide können darüber hinaus Pflanzen schädigen und unter anderem ein Gelbwerden der Blätter, vorzeitiges Altern und Kümmerwuchs bewirken.