Ein bisher noch nicht dagewesener Anblick im Calwer Landratsamt: 20 Mitarbeiter des Sozialdienstes traten gestern für zwei Stunden in den Ausstand. Foto: Hölle

Gut 20 Mitarbeiter des Sozialdienstes treten in den Ausstand. Kaffee und Kuchen statt Trillerpfeifen.

Calw - Streik im Calwer Landratsamt? Das hat es bisher noch nicht gegeben. Aber gestern Vormittag war es soweit: Gut 20 Mitarbeiter des Sozialdienstes traten für zwei Stunden in den Ausstand. Unterstützt wurden sie von Kollegen aus dem Enzkreis.

Mitgebracht hatten die Streikenden zwar keine Trillerpfeifen, dafür aber Kaffee und Kuchen. Ganz bewusst hatte man sich, wie das der Personalratsvorsitzende im Landratsamt, Wolfgang Biegel erläuterte, für einen stillen Ausstand entschieden. Bei dem aber trotzdem auf das Anliegen aufmerksam gemacht werden sollte. Das ist das gleiche wie bei den derzeit ebenfalls streikenden Erzieherinnen. Im laufenden Arbeitskampf geht es natürlich auch um mehr Geld. Im Vordergrund steht die Forderung nach einer Aufwertung der Arbeit.

Biegel, der selbst nicht betroffen ist, aber natürlich allein schon Kraft Amtes mit den Mitarbeitern mitfühlt, hat Verständnis für dieses Anliegen. Wie auch die Spitze der Landkreisverwaltung. "Streikrecht ist Streikrecht", betonte Landrat-Stellvertreter Frank Wiehe unserer Zeitung gegenüber, als er die Sozialdienstler bemerkte.

Diese, so Wiehe weiter, würden schon einen tollen Job machen. Auf die Tarifauseinandersetzung könnten natürlich weder er noch Landrat Helmut Riegger Einfluss nehmen.

Tragödie wie beim kleinen Alessio nicht auszuschließen

Ob dann der Kreis auch gerne mehr Geld für die Mitarbeiter im Sozialdienst ausgeben werde, wenn es dazu kommen sollte, das wollte Personalratsvorsitzender Biegel offen lassen. Dass sie eine Tätigkeit verrichten, bei der sie große Verantwortung tragen, darauf wies einer der Streikenden im Gespräch mit unserer Zeitung hin. Ihm bereitet vor allem Sorge, dass auch im Kreis Calw die Fälle von Kindeswohlgefährdungen zunehmen. An die 100 seien es mittlerweile im Jahr. Vor einer Weile seien es nicht einmal die Hälfte gewesen. Er will nicht ausschließen, dass es auch hier so eine Tragödie wie beim Tod des dreijährigen Alessio geben könnte, für den zwar der Stiefvater verantwortlich war, das Jugendamt aber in Kritik geraten ist.

Natürlich, so der Sozialdienstler weiter, treffe das bei weitem nicht auf alle gemeldeten Fälle zu. Aber er und seine Kollegen hätten schon eine ganz besondere Verantwortung zu tragen. Und die sei sicher nicht geringer als die von Grund- oder Hauptschullehrern, die ein bis zwei Gehaltsklassen besser eingestuft seien.

Eine Sozialarbeiterin mit staatlicher Anerkennung und entsprechender Tätigkeit ist zurzeit in der Entgeltgruppe S 11 – Gruppe 3, die sie nach drei Jahren erreicht – eingestuft. Sie verdient 3052,51 Euro brutto. Nach den Forderungen der Gewerkschaft ver.di soll sie in die Entgeltsgruppe S 15 kommen. Dort würde sie 3364,50 Euro verdienen.