Die Turmuhrenfabrik Perrot, die 1860 von Heinrich Immanuel Perrot gegründet wurde, wird heute von drei seiner Urenkeln erfolgreich geführt. Ihren Sitz hat sie im Stammheimer Feld. Foto: Fritsch Foto: Schwarzwälder-Bote

Heinrich Immanuel Perrot vor 150 Jahren geboren

Von Hartmut Würfele

Calw. Vor 150 Jahren wurde in Calw der Grübler Heinrich Immanuel Perrot geboren. Neben seinem Beruf als Turmuhrenbauer erwies er sich als genialer Erfinder. Er pflegte Zeit seines Lebens ein gutes Verhältnis zu Hermann Hesse.

Heinrich Immanuel erblickte als zweites Kind des Gründers der Turmuhrenfabrik, Johann Immanuel Perrot, und seiner Ehefrau Caroline, am Heiligen Abend 1864 in Calw das Licht der Welt. Sein Großvater, Jean Henry Perrot, war der letzte waldensische Schulmeister Württembergs. Nach der Schule machte der Junge bei seinem Vater eine Lehre als Mechaniker und wurde wie dieser Turmuhrenbauer.

Für einen rechten Gesellen gehörte es sich damals, auf die "Walz" zu gehen, die ihn auch zu dem berühmten Uhrmacher Mannhardt nach München führte. Zurück in Calw stellte er bald fest, dass er sich in geschäftlichen Dingen nicht mehr so gut mit seinem Vater verstand. Er richtete sich in der Mittleren Mühle (heute Parkhaus Lederstraße) eine eigene Werkstatt ein. Dort konstruierte er die erste Zigarettenmaschine Deutschlands. Mit Taschen voller Zigaretten tauchte er in dieser Zeit abends in der Wirtschaft des Bäcker Pfrommer in der Calwer Ledergasse auf, auf dessen Tochter Marie hatte er nämlich ein Auge geworfen; 1895 wurde geheiratet.

Bereits zwei Jahre später gelang es ihm, mit der Wasserkraft der Nagold und einer Dynamomaschine Strom zu erzeugen. Von der Mittleren Mühle legte er Drähte über die Nagold und führte sie weiter bis zu seiner Wohnung in der Bahnhofstraße. Von Edison in Amerika besorgte er sich Glühlampen und eines Abends erhellten diese seine Wohnung, warfen ihren Schein auf das blanke Wasser der Nagold und in die Badgasse hinüber. Eine Erfindung, die sich am nächsten Tag in Windeseile verbreitete. Erst 17 Jahre später ist Calw 1910 elektrifiziert worden.

1895 erhielt Perrot den Auftrag, für die neue Pforzheimer Stadtkirche eine Turmuhr zu bauen – mit einem elektro-automatischen Gewichtsaufzug und vier Zifferblättern mit je drei Metern Durchmesser. Eine für diese Zeit enorme Herausforderung, die der Meister bestens bewältigte. Er war damit der Erste, der im Kaiserreich eine solche Turmuhr konstruierte und baute. 1898 kaufte die Familie eine ehemalige Färberei in der Bischofstraße. Das Gebäude bot mehr Platz für Werkstatt und Wohnung.

Der Meister stellte an seine Mitarbeiter hohe Ansprüche. Lief einmal etwas nicht, sparte er nicht mit Kraftausdrücken, und ab und zu soll ihm sogar die Hand ausgerutscht sein. Anfang des 20. Jahrhunderts entwickelte Perrot elektrische Läuteanlagen für Kirchenglocken. Die ersten fünf Läutewerke baute er in die Stadtkirche Calw kostenlos ein. Einem von ihm hergestellten belüfteten Soldatenhelm blieb der geschäftliche Erfolg versagt.

Als im Ersten Weltkrieg die Nachfrage von Turmuhren ausblieb, verlegte die Firma sich auf das Schleifen von Seitengewehren und die Herstellung von Granatkappen. Die von Perrot erfundenen und patentierten Zirkel für Dreher fanden schnell ihre Abnehmer, weshalb er mit zwei weiteren Gesellschaftern 1920 die Firma "Spezial-Werkzeug-Fabrik Calw GmbH" gründete, die bis 1924 bestand. Der "Panzer-Heinrich", wie er zuweilen genannt wurde, war ein gläubiger Mann, mit Ecken und Kanten. Er saß viele Jahre im Gemeinderat der Stadt Calw. Beruflich war er zweifellos ein ausgezeichneter Fachmann mit vielen guten Ideen. Das kam auch Hermann Hesse zugute, der von Juni 1894 bis September 1895 ein Praktikum in der Turmuhrenfabrik machte. Hesse besuchte Perrot immer wieder, zuletzt im Herbst 1925.

Am 14. Januar 1948, nur wenige Tage nach dem letzten verheerenden Hochwasser in Calw, starb der Grübler. Die Turmuhrenfabrik Perrot, die seit 1860 besteht, wird heute von drei seiner Urenkel erfolgreich geführt und ist auf allen Kontinenten der Erde tätig.