"Tatort Natur" heißt das Buch, das die Biologin und Autorin Bärbel Oftring (rechts) an der Grundschule Stammheim vorstellte. Die Schülerinnen freuten sich schon vor der Präsentation auf das spannende Thema. Fotos: Mikulcic Foto: Schwarzwälder-Bote

Autorin Bärbel Oftring stellt Grundschulkindern "Tatort Natur" vor / Auch Füchse können Opfer werden

Von Marija Mikulcic

Calw-Stammheim. Den Bucheinband ziert ein Breitschnauzkaiman. Schon der Schatten deutet an: Dieser Genosse kann einem gefährlich werden. Umso mehr, wenn man ein Wels ist.

Mit diesen Fischen machen die in Südamerika heimischen Kaiman-Kumpel nämlich kurzen Prozess. Trudelt ein gedankenverlorener Wels vorbei, schnappen sie mit ihren großen Zähnen blitzschnell zu und – happs – der Wels ist Geschichte, der Kaiman satt. Dass es in der Natur "nicht nur nett und schön" zugeht, brachte die Diplom-Biologin und Sachbuchautorin Bärbel Oftring aus Böblingen am Freitag Stammheimer Grundschülern nahe. In der Aula stellte sie ihr Buch "Tatort Natur" vor und erzählte, wie kriminell es im Reich der Tiere zugehen kann – ohne, dass die Polizei kommt.

Seit den frühen Morgenstunden ist Bärbel Oftring in Stammheim. Viele Viecher hat sie dabei, auch fiese: Doch Mördermuschel, Skorpion und Trichternetzspinne haben zwischen den Buchdeckeln von "Fiese Viecher" ihr eigenes Reich. Heute stehen Opfer und Täter aus "Tatort Natur" im Rampenlicht. Mäusebussard und Schleiereule sind, den Meldungen nach zu urteilen, vielen Kindern ein Begriff. Oftring gibt ein Beispiel: In der Beziehung Bussard-Maus sind die Rollen klar verteilt. Der Bussard ist Täter, Opfer die Maus. Heimtückisch lauert der Bussard der Maus auf. Kaum verlässt sie ihr Erdloch, schnellt er im Sturzflug zu Boden. Mord am hellichten Tag. Kein Einsatzwagen weit und breit. In der Natur ist das in Ordnung so. Schließlich muss die Maus nur dran glauben, weil der Bussard Hunger hat. Hier wird immer aus Notwendigkeit, nie aus Kränkung getötet. Ist der Bussard satt, haben Mäuse Freigang.

Umgekehrt gilt: Sind Mäuse rar, brütet der Mäusebussard nicht. Er ist ja nicht dumm. Wo es kein Essen gibt, kann er mit viel Glück sich, bestimmt aber keine hungrige Brut ernähren. In diesen wichtigen Zusammenhang gewinnen die Kinder an diesem Vortragsvormittag auf anschauliche und unterhaltsame Weise Einblick: In der Natur ist alles so geregelt, dass es für ihren Fortbestand Sinn ergibt. Da niemand mehr nimmt als er braucht, wird für Überfälle, Tricksereien, Täuschungsmanöver, Mord und Totschlag in auch niemand von der Polizei abgeholt.

Voller großartiger Bilder ist das Buch, das Oftring den Kindern mitgebracht hat. Viele der abgebildeten Tiere werden sie bei ihrem in Kürze anstehenden Besuch in der Stuttgarter Wilhelma wiedersehen. Manche Tiere haben sie aber auch schon in ihrer Umgebung beobachtet. So zum Beispiel den Fuchs. Manche haben ihn schon lebendig zu Gesicht bekommen.

"Natur muss immer auch zum Anfassen sein", sagt Oftring. Für den präparierten jungen Fuchs, den sie den Kindern mitgebracht hat, war am "Tatort Straße" Schluss. Die Straße ist für Tiere ein sehr gefährliches Pflaster.

In den vielen Tausend Jahren ihrer Lebensrealität kommt ein Tier, das konstant mit 80 Sachen unterwegs ist, nicht vor. Daher rennen sie, auch wenn sie das Auto sehen, im Glauben, die Puste werde ihm schon ausgehen, munter drauf los. Immerhin wird dieser Fuchs im Nachhinein zum Trost von vielen Kindern gestreichelt.