Mit dem Dienst-BMW der Stadt hat’s dann endlich geklappt – mit OB Ralf Eggert (links) als Fahrer kamen Adolf Muschg (rechts) und Ehefrau Atsuko schließlich mit halbstündiger Verspätung doch noch zum Festakt in der Calwer Aula an. Fotos: Kunert Foto: Kunert

Gewitter und Taxi-Unternehmen ohne Service-Bewusstsein bringen Festakt aus Takt. OB Eggert schiebt Auto an.

Calw - Nennen wir es mal eine Premiere mit Hindernissen: Ein mörderischer Gewitterguss, der den Festakt zur Verleihung des ersten Internationalen Hermann-Hesse-Preises komplett aus dem Takt brachte. Und der Calws OB Eggert zum "Schieber" werden ließ. Aber der Reihe nach.

Adolf Muschg heißt der erste Preisträger des neugestifteten Internationalen Hermann-Hesse-Preises. Und der reiste am Samstag mit Ehefrau Atsuko Kanto aus seinem Heimatort Männedorf vom rechten Ufer des Zürisees in der Schweiz in den Nordschwarzwald an – begleitet durch eine Delegation seines Heimatdorfes. Denn Muschg ist deren bei weitem bekanntester Ehrenbürger.

Wegen Umsatz nicht mitgenommen?

Und damit, sagen wir einmal, fingen die Probleme in Calw an. Als Ehepaar Muschg sich ein Taxi rief, das sie vom Bahnhof ins gebuchte Hotel nach Hirsau bringen sollte, ließ sie der erste hiesige Taxi-Unternehmer einfach frech stehen. Keine Zeit angeblich. Oder lag es etwa daran, dass (manche) örtliche Taxifahrer wegen vergleichsweise kurzer Strecken (und entsprechend kleinem Umsatz) sich nicht allzu gerne ans Steuer setzen? In diesem Fall eines herausgehobenen Ehrengastes der Stadt schon, na ja, einigermaßen peinlich.

Das zweite gerufene Taxi kam zumindest, fuhr die Gäste wie gewünscht nach Hirsau, wartete auch artig, bis diese sich noch schnell von der Reise frisch gemacht hatten, um sie dann zur Calwer Aula zu fahren, wo die Festgemeinde schon wartete. Aber genau hier forderte der bereits erwähnte Weltuntergangs-Regenguss, der parallel über Calw und Hirsau niedergegangen war, seinen Tribut: der Taxi-Kleinbus ließ sich nicht mehr starten. Im wahrsten Sinne des Wortes "abgesoffen".

Was den an der Calwer Aula wartenden Oberbürgermeister von Calw, Ralf Eggert, auf den Plan rief, der sich schließlich in Hirsau telefonisch nach dem Verbleib seiner Ehrengäste erkundigte. Und sich kurzerhand auf den Weg machte, als er von dem dortigen Malheur erfuhr, um Preisträger Adolf Muschg samt Frau persönlich abzuholen. In seiner späteren Dankesrede zum verliehenen Hesse-Preis würde Muschg mitfühlend warme Worte für den "armen Taxi-Mann" finden, der vor Scham am liebsten im Boden versunken wäre, als er sah und erkannte, welcher Ersatz-Taxi-Fahrer ihm da aus der Bredouille helfen sollte.

OB Eggert schiebt Auto an

OB Eggert wie auch das Ehepaar Muschg nahmen das alles mit viel Humor und auch stoischer (oder sagt man: schwyzerischer?) Gelassenheit. Und da Eggert ein Mann der Tat ist, versuchte er sich auch noch als "Schieber", wie Literat Muschg in seiner Rede ein wenig mit dem Wort spielte, um dass kaputte Taxi vielleicht durch schlichtes Anschieben wieder in Gang zu setzen. Aber, so Muschg zur Festgemeinde, "keine Sorge" – der Oberbürgermeister sei für das "Verschieben" von was auch immer unverdächtig. Denn das Vorhaben misslang.

Das Taxi "einer gewissen, hier nicht genannten" Automarke versagte weiter seinen Dienst. So fuhren Muschg und Ehefrau Atsuko im Calwer Dienst-BMW als Ersatz-Taxi zur Calwer Aula – trocken und sicher. Und als sie vor der Aula ausstiegen (nur ausnahmsweise hielt die Limousine, wie auf dem Foto zu sehen, wegen der sehr besonderen Umstände im absoluten Park- und Halteverbot; und wurde natürlich anschließend sofort umgeparkt) – was soll man sagen? – schien über Calw wieder eine herrliche Frühlingssonne.

Und die Moral von der Geschicht’? Vielleicht: Erst solche Anekdoten lassen Ereignisse wie diese allererste Preisverleihung des Internationalen Hermann-Hesse-Preises zu einer echten Legende werden. Aber hoffentlich ist das jetzt auch mal ein Anlass, dass das Calwer Rathaus mit einigen seiner Taxi-Konzessionären ein ernstes Wort wechselt. Nicht wegen des kaputten Taxis – da tragen andere die Verantwortung – sondern wegen des ersten Taxi-Unternehmers, der seine Gäste einfach im Regen stehen ließ. Von ähnlichen Erlebnissen auch an ganz anderen Tagen wussten nämlich auch einige weitere der Festgäste leidvoll zu berichten.