Andrea Häussler, Annika Meder und Nicole Mann (von links) erläutern vor Fachleuten die neue Vorgehensweise und Hilfsmöglichkeiten bei Alkohol im Straßenverkehr. Foto: Fachstelle Sucht Foto: Schwarzwälder-Bote

Experten diskutieren über neue Beurteilungsrichtlinien / Alkoholgefährdete Autofahrer brauchen oft Hilfe

Calw. In der Calwer Fachstelle Sucht diskutierten Experten beim Arbeitstreffen "Suchtmittel im Straßenverkehr" über das Thema "Führerscheinentzug bei 1,1 Promille – Änderung der Beurteilungsrichtlinien". Dabei waren Fachleute vom TÜV, der Straßenverkehrsbehörde, Rechtsanwälte, ehrenamtliche und hauptamtliche Suchtexperten und Verkehrspsychologen.

Nicole Mann, Teamleitung Führerschein- und Zulassungsstelle beim Landratsamt Calw, hob hervor, dass neuerdings zwar ab 1,1 Promille eine medizinisch-psychologische Untersuchung (MPU) angeordnet werden kann, dies aber im Landkreis Calw nur äußerst selten passiert. Ziel der MPU sei, unabhängig vom Promillewert, die Fahrtüchtigkeit sicherzustellen.

Andrea Häussler, Psychologin beim TÜV Süd Life Service, wies darauf hin, dass trotz geänderter Beurteilungskriterien die Überprüfung der Fahreignung immer eine Einzelfallentscheidung bleibt. Das sei wichtig, weil die MPU-Teilnehmer ihre Gutachten untereinander vergleichen. "Vieles ist von Person zu Person nicht übertragbar", so Häussler.

Annika Meder, Präventionsfachkraft und ehemalige Leiterin des Kurses "Zurück zum Führerschein" der Fachstelle Sucht Calw unterstrich, dass immer wieder alkoholauffällige Verkehrsteilnehmer durch den Führerscheinentzug motiviert würden, sich ihrer Alkoholproblematik zu stellen. "Wir verstehen uns nicht als Führerscheinbeschaffungsstelle, sondern als therapeutische Einrichtung, die auch alkoholkranken und alkoholgefährdeten Autofahrern Hilfe anbietet, ihr Leben wieder in den Griff zu bekommen."

In der Diskussion wiesen Rechtsanwälte darauf hin, dass sie zumindest für die MPU-Anordnung ab 1,1 Promille keine ausreichende Rechtsgrundlage sehen. Insgesamt waren sich jedoch alle Teilnehmer einig, dass diese Treffen unter der Federführung der Fachstelle Sucht fortgeführt werden sollen, da diese für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit aller Beteiligten sinnvoll sind.

Mitarbeiter bieten umfassende Beratung

Die Fachstelle Sucht Calw ist eine von den Rentenversicherungsträgern und Krankenkassen anerkannte Rehabilitationseinrichtung und führt für Suchtkranke ambulante Rehamaßnahmen durch. Ferner beraten die Mitarbeiter Suchtkranke und deren Angehörige, Freunde, Vorgesetzte und Kollegen. Träger ist der Baden-Württembergische Landesverband für Prävention und Rehabilitation gGmbH (bwlv), der größte gemeinnützige Träger der Suchthilfe in Baden-Württemberg.