Mit einem steigenden Wasserpreis aufgrund der Nitratbelastung ist in Calw nicht zu rechnen. Foto: jozsitoeroe/Fotolia.com

Geringe Nitratbelastung kommt Calw zugute. Beste Werte westlich der Nagold gemessen.

Calw - Müssen Calwer bald bis zu 45 Prozent mehr für ihr Trinkwasser zahlen? Weil über Gülle und Co. immer mehr des gesundheitsgefährdenden Stoffes Nitrat in die Umwelt gelangt, fürchten Experten eine solche Preissteigerung. Die Hesse-Stadt wird aber wohl verschont bleiben.

Dünger auf den Feldern könnte in Deutschland künftig zum Problem werden. Das gab das Umweltbundesamt dieser Tage bekannt. Nimmt die durch Dünger entstehende Nitrat-Belastung des Wassers nicht ab, müssen die Wasserversorger künftig zu teureren Reinigungs- und Aufbereitungsmethoden greifen. Die Zeche zahlt der Verbraucher: Eine vierköpfige Familie hätte mit Mehrkosten von bis zu 134 Euro im Jahr zu rechnen, so das Umweltbundesamt.

Ist ein solches Szenario für Calw zu erwarten?

Unwahrscheinlich. Der Grenzwert für eine Belastung mit Nitrat liegt bei 50 Milligramm pro Liter. Der höchste Wert, der je in Calw erfasst wurde, kam im Jahr 2006 auf 17,4 Milligramm pro Liter im Wasserwerk Schleiftal. Das Fazit: "Mit einem steigenden Wasserpreis aufgrund der Nitratbelastung ist in Calw nicht zu rechnen", erklärt Anja Rentschler, Assistentin der Geschäftsführung des Calwer Wasserversorgers Energie Calw (ENCW), auf Anfrage.

Warum ist die Nitratbelastung in Calw so gering?

"Der überwiegende Teil des Wassers stammt aus Quellen und Tiefbrunnen", erläutert Anja Rentschler. "Außerdem wurde bereits frühzeitig darauf geachtet, dass die Schutzgebiete groß genug sind und die Anforderungen entsprechend eingehalten werden. Auch die Landwirte wurden diesbezüglich frühzeitig sensibilisiert."

Wo werden die höchsten, wo die niedrigsten Nitrat-Werte erreicht?

Detaillierte Auskünfte über die derzeitige Qualität des Wassers sind auf der Homepage der ENCW zu finden. Besonders gut ist das Wasser demnach in Altburg, Alzenberg, Oberriedt, Speßhardt, Spindlershof und Weltenschwann mit 2,1 Milligramm Nitrat pro Liter. Die höchsten Werte werden in Calw, Heumaden, Wimberg und Teilen Stammheims mit 14 Milligramm pro Liter erreicht.

Was passiert, wenn der Grenzwert überschritten wird?

Laut dem Bundesinstitut für Risikobewertung hat die Weltgesundheitsorganisation eine Dosis errechnet, die ein Mensch sein Leben lang täglich aufnehmen kann, ohne mit gesundheitlichen Risiken rechnen zu müssen: 3,7 Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht. Für einen Erwachsenen, der 80 Kilogramm wiegt, wären das bis zu 296 Milligramm – was umgerechnet mehr als 21 Litern Wasser aus Calw, Heumaden, Wimberg und Teilen Stammheims entsprechen würde. Kurzfristige und gelegentliche Überschreitungen des Grenzwertes seien übrigens "gesundheitlich nicht relevant".

Sollte die Nitratbelastung ansteigen, darf die ENCW vor dem Hintergrund der Vereinbarung mit der Kartellbehörde die Preise überhaupt anheben?

Nach jahrelanger gerichtlicher Auseinandersetzung der ENCW über die Preisgestaltung in den Jahren 2008 und 2009 mit der Energie- und Wasserkartellbehörde (das Ende vom Lied war ein Vergleich gewesen) waren die Jahre 2010 bis 2016 in den Blick geraten. Statt eines weiteren langwierigen Verfahrens vor Gericht hatten sich die Kartellwächter und die ENCW im Mai – deutlich schneller – auf einen weiteren Vergleich geeinigt.

Der Inhalt: Die ENCW hatte sich zu Rückerstattungen bereit erklärt und darüber hinaus dazu verpflichtet, dass der Calwer Wasserpreis in den Jahren bis 2021 am Maßstab der amtlich festgestellten Preissteigerungsrate und des erwarteten Anstiegs des Wasserentnahmeentgelts ausgerichtet wird. Sollte wegen einer Belastung des Wassers allerdings eine gesetzliche Regelung zum finanziellen Ausgleich dieser Belastung geschaffen werden, "so kann dies auf Basis der bestehenden Vereinbarung mit der Kartellbehörde in die Wasserpreise eingepreist werden", so die Assistentin der ENCW-Geschäftsführung.

Info: Der Stoff und mögliche Gefahren

"Nitrate selbst sind relativ unbedenklich", schreibt das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) auf seiner Homepage im Internet. Allerdings könnten Nitrate bereits im Lebensmittel oder während der Verdauung in Nitrit umgewandelt werden. Dieser Stoff wiederum sei vor allem für Säuglinge in den ersten Lebensmonaten potenziell gefährlich. Nitrit störe den Sauerstofftransport im Körper; dies könne zu Sauerstoffmangel in den Geweben und bis hin zur inneren Erstickung führen. Darüber hinaus könne Nitrit sich beispielsweise zu Nitrosaminen umwandeln. "Die meisten dieser Verbindungen haben sich im Tierversuch als krebserregend erwiesen. Ob dies auch für den Menschen gilt, ist bislang noch nicht geklärt", erklärt das BfR. Eine langfristige Aufnahme von größeren Mengen an Nitrat und/oder Nitrit seidaher "problematisch".