Projektleiter Michael Stierle (von links), der Erste Landesbeamte Zeno Danner und Renate Fischer nahmen das Experiment am Hirsauer Tunnel in Augenschein. Foto: Bernklau

Aufwendiges Experiment am Hirsauer Eisenbahntunnel. Kammerlösung wird auf Tauglichkeit geprüft.

Calw - Als Lösung für das Fledermausproblem in den Tunneln der Hesse-Bahn haben sich Naturschutzverbände und Landkreis Calw vor Wochen auf "Fledermauskammern" verständigt. Bis Donnerstag läuft am Hirsauer Tunnel nun ein Experiment, das zeigen soll, ob diese Lösung auch wirklich als Lösung taugt.

Was hat es denn mit diesen "Fledermauskammern" eigentlich auf sich? Bei einem Vor-Ort-Termin am Hirsauer Tunnel am gestrigen Mittwoch erklärten Projektleiter Michael Stierle und der neue Erste Landesbeamte Zeno Danner für den Landkreis Calw und Renate Fischer für den Naturschutzbund NABU, wie die mögliche Lösung der Fledermausfrage aussehen könnte.

Im Grunde wird die ohnehin für den zweispurigen Verkehr ausgelegte Tunnelröhre in zwei Teile geteilt – in einen Bereich, in dem der Zug fahren wird und in einen davon abgetrennten Bereich, in dem sich die Fledermäuse bewegen können.

Auch wenn es die Experten so nicht nennen wollen: Es soll in dem Tunnel ein komplett abgetrennter Extra-Tunnel für die Züge entstehen. Für die Tiere bliebe dann mehr als die Hälfte der eigentlichen Röhre plus die Bereiche hinter der kompletten Tunnelwand, die die Fledermäuse als Winterquartier nutzen. Diese "Kammerlösung" ist darüber hinaus so konzipiert, dass auch eine nachträgliche Elektrifizierung der Strecke durchaus noch möglich ist, wie Projektleiter Michael Stierle auf Nachfrage betonte.

Experiment läuft mit einem hohen technischen Aufwand

Ob man mit dieser Konstruktion das Ziel einer Koexistenz von Bahn und Fledermäusen erreichen kann, das soll ein Experiment zeigen, das am vergangenen Samstag startete und das bis zum heutigen Donnerstag dauern wird.

Um mögliche Auswirkungen der geplanten räumlichen Veränderung vor und in den Tunneln auf das Verhalten der Fledermäuse beobachten zu können, hat man eine provisorische Variante der Kammerlösung am Südportal des Hirsauer Tunnels nachgebaut – im Übrigen mittels einer in der Erdbeerzucht verwendeten Folie. Deshalb trägt die Konstruktion auch schon den Beinamen "Erdbeertunnel".

Man entschied sich aus ganz bestimmten Gründen für genau dieses Tunnelportal. Dieses Portal weise eine ausreichend hohe Fledermausaktivität auf, um mögliche Verhaltensveränderungen bei den Tieren auch in der relativ kurzen Zeit der Untersuchung erkennen zu können, heißt es dazu aus dem Landratsamt.

Das Verhalten der Tiere wird mit hohem technischen Aufwand erfasst – sowohl mit akustischen Erfassungsgeräten, die die Aktivität der Fledermäuse über deren Ultraschallrufe erkennen, als auch mit visuellen Erfassungsgeräten wie Digital-, Wärme- und Infrarotkameras.

Ansatz hat das Zeug zur Lösung der Fledermausfrage

Spekulationen über das Ergebnis der Untersuchungen wollte Stierle am Mittwoch nicht anstellen. Jetzt gelte es die Auswertungen der Aufzeichnungen abzuwarten. Doch sowohl Stierle als auch Renate Fischer vom NABU bestätigten, dass die Kammervariante durchaus das Zeug zur Lösung der Problematik hat. "Der Ansatz ist gut", sagten sowohl Stierle als auch Fischer vor Ort.

Der neue Erste Landesbeamte Zeno Danner, erst seit gut eineinhalb Wochen in Amt und Würden, betonte, den Willen des Landkreises Calw, in der Sache konstruktive Lösungen mit den Naturschutzverbänden zu finden. Das gelte auch, wenn das jetzt vorgenommene Experiment nicht erfolgreich sei. "Ziel der Verwaltung ist es, alles richtig zu machen und so den Landkreis weiter nach vorne zu bringen", sagte Danner in Calw. Wenn das Experiment tatsächlich von Erfolg gekrönt sein sollte, dann sei das nicht nur ein Erfolg für beide Seiten, wie Renate Fischer vom NABU betonte. Wenn das gelinge, könne es tatsächlich ein Leuchtturmprojekt für ähnliche Fälle im ganzen Land sein.