Jörg Noetzel (Geschäftsführer Klinikverbund), Landrat Helmut Riegger, Bernadette Klapper von der Bosch-Stiftung, Dezernent Albrecht Reusch und Hartmut Keller von der AOK (von links) stellten das PORT-Gesundheitszentrum vor. Foto: Bernklau

Bosch-Stiftung fördert neuartiges Angebot im geplanten Gesundheitskomplex rund um neue Calwer Klinik.

Kreis Calw - Die Konturen des rund um das neue Calwer Krankenhaus geplanten Gesundheitscampus werden immer schärfer. Zu den Plänen gehört auch ein so genanntes PORT-Gesundheitszentrum – ein von der Robert-Bosch-Stiftung gefördertes Expertenzentrum, das das Angebot des Campus komplettieren soll.

Das neue Krankenhaus in Calw muss nicht nur heute modern sein, sondern auch noch im Jahr 2025. Diese von Landrat Helmut Riegger ausgegebene Marschroute hat dazu geführt, dass in Calw weit mehr als einfach nur ein 135-Betten-Krankenhaus neu gebaut wird. Schon vor einiger Zeit entwickelte sich die Idee eines so genannten Gesundheitscampus, auf dem in unmittelbarer Nähe zum neuen Krankenhaus weitere medizinische und therapeutische Angebote ihren Platz finden können – von der Kurzzeitpflege bis zum Dialysezentrum.

Konzept als "solide und gut durchdacht" gelobt

Aus dieser Idee sind mit der Unterstützung von "allen Vernünftigen, die sich mit dem Thema Krankenhaus beschäftigen" – wie es Landrat Helmut Riegger formuliert – ganz konkrete Pläne entstanden, die bis 2020 in die Tat umgesetzt werden sollen.

Neben dem 135-Betten-Krankenhaus soll auf den Höhen über Calw auf dem Stammheimer Feld auch noch ein Ableger des Zentrums für Psychiatrie aus Calw-Hirsau entstehen. Zu dem gehört eine psychosomatische Klinik mit 30 Betten, eine Tagesklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie sowie eine psychiatrische Institutsambulanz. Das alles soll in einem Gebäude mit einer Gesamtfläche von 3250 Quadratmetern seinen Platz finden. 860 Quadratmeter soll das nephrologische Zentrum mit 25 Dialyseplätzen umfassen.

Komplettiert werden soll der Campus mit einem "Haus der Gesundheit", in dem auf 2140 Quadratmetern ein AOK-Gesundheitszentrum, zwölf Kurzzeitpflegeplätze, Facharztpraxen, der Pflegestützpunkt des Landkreises sowie als modernstes und jüngstes Kind ein so genanntes "PORT-Gesundheitszentrum" (Praxisorientiertes Zentrum zur Primär- und langzeitversorgung) seinen Platz finden soll. Dieses Zentrum soll das Angebot des Campus komplettieren. In ihm finden Experten wie etwa Physiotherapeuten, Sozialarbeiter, Ökotrophologen, Psychologen, Gesundheitsökonomen oder Case-Manager ihren Platz, die übergreifend für alles Sektoren des Campus tätig sein sollen. Hauptaufgabe dieses PORT-Zentrums soll nach dem Willen der Macher die auf den einzelnen Patienten zugeschnittene Beratung in Bezug auf Prävention und Gesundheitsförderung sein.

Gebaut werden soll der gesamte Komplex in der Regie des Landkreises. Die einzelnen Nutzer – ob ZfP oder das Nephrologische Zentrum – sollen dann im Nachhinein ihren Teil des ganzen Campus in Rechnung gestellt bekommen.

Das in Deutschland eher seltene Angebot des PORT-Gesundheitszentrums, das sich im Ausland – etwa in Kanada – schon bestens bewährt hat, stellten nun die Macher im Calwer Landratsamt vor. Dazu gehörten neben Landrat Helmut Riegger und dem zuständigen Dezernenten Albrecht Reusch auch Jörg Noetzel, medizinischer Geschäftsführer des Klinikverbunds Südwest, sowie Hartmut Keller von der AOK Nordschwarzwald.

Einen nicht ganz unwichtigen Part bei der Umsetzung des Projekts wird auch die Robert-Bosch-Stiftung spielen, die bei der Präsentation von deren Bereichsleiterin Gesundheit, Bernadette Klapper, vertreten wurde. Denn die angesehene Stiftung wird das Projekt finanziell unterstützen. In den Genuss dieser Unterstützung kommt der Kreis Calw, weil der sich erfolgreich bei dem Projekt der Stiftung zur Förderung modellhafter lokaler Gesundheitszentren zur Sicherung der Grundversorgung und der nachhaltigen Versorgung von chronisch Kranken beworben hat. Neben dem Kreis Calw kamen in dem Wettbewerb nur vier weitere Projekte aus ganz Deutschland zum Zug.

Wichtig bei solchen Zentren sei die Versorgung aus einer Hand und durch ein multi-professionelles Team, betonte Bernadette Klapper in Calw. Das sei in Calw ebenso gegeben wie der Zusammenschluss von vielen starken Partnern und die intensive Unterstützung durch den Landrat, "die auch nicht überall so zu finden ist wie hier im Kreis Calw", lobte Klapper, die das Konzept des Landkreises als "solide und gut durchdacht" bezeichnete.

Großes Lob kam auch vom Partner AOK. Die Krankenkasse sei immer aufgeschlossen gegenüber innovativen Projekten wie dem Campus und des PORT-Gesundheitszentrums, erklärte Hartmut Keller, Geschäftsführer der AOK Nordschwarzwald. Und da der Landkreis auf einen starken Partner mit Expertenwissen angewiesen sei, habe man sich gerne bereit erklärt einzusteigen.

Eine für dieses Projekt mitentscheidende Neuerung wollen sowohl Keller als auch Landrat Helmut Riegger im Rahmen des Campus und des Gesundheitszentrums vorantreiben: die Digitalisierung in Form der elektronischen Patientenakte. "Auch da wollen wir vorne mit dabei sein", kündigte Riegger selbstbewusst an.

"Das Ganze wird sich entwicklen"

Das innovative Modell am Gesundheitscampus stößt auch beim Klinikverbund Südwest auf viel Gegenliebe. Geschäftsführer Jörg Noetzel bezeichnete das Konzept als "einmalig" und "ganz hervorragend". Besonders die Verzahnung vom stationären Bereich des Krankenhauses mit ambulanten Angeboten sei aus Sicht des Verbundes "sehr reizvoll". Möglicherweise locke dieses innovative Gesamtkonzept als weiteren Vorzug auch Fachärzte in die Region – wichtig in Zeiten des chronischen Ärztemangels in ländlichen Gebieten. Eine Meinung, die im Übrigen auch Bernadette Klapper von der Bosch-Stiftung teilt.

Albrecht Reusch, Dezernent und Gesamtkoordinator des Projekts im Landratsamt, betonte die immer größer werdende Wichtigkeit der Prävention und Gesundheitsförderung im Gesundheitssystem. Der trage man mit dem Gesamtkonzept des Campus Rechnung, so Reusch, der allerdings zu bedenken gab, dass man mit dem Vorhaben durchaus Neuland betrete.

Bedenken hat man beim Landkreis Calw deshalb nicht. Im Gegenteil. Auch wenn es zu Beginn vielleicht nicht perfekt sein sollte. "Das Ganze wird sich entwickeln", ist Kreischef Riegger optimistisch.