Blick in die Kreativwerkstatt. Foto: Haus auf dem Wimberg Foto: Schwarzwälder-Bote

Senioren: Mit Gerüchen und Geräuschen kehren Erinnerungen zurück / Teilnehmer entwickeln erstaunliche Fähigkeiten

Durch den Kellerflur im Haus auf dem Wimberg dringt das Geräusch einer Laubsäge. Es sind Laute, die in der Umgebung eines Seniorenzentrums ungewohnt, aus früheren Zeiten aber vertraut sind.

Calw-Wimberg. Herr E. und Herr L. machen sich aus dem Aufzug heraus auf den Weg und folgen, begleitet von zwei ehrenamtlichen Helfern, dem Geräusch der Säge. Am Ziel angekommen, werden die beiden zur ersten Kreativwerkstatt begrüßt.

Diese bietet den Teilnehmern die Möglichkeit, Werkstücke anzufertigen, die keine lange Entstehungszeit benötigen und in einer Sitzung von eineinhalb Stunden fertig werden. Wann ein Werkstück fertig ist, entscheiden dabei die teilnehmenden Bewohner selbst. "In unserem Projekt ist ausdrücklich nicht ein fertiges Produkt das Ziel, sondern vielmehr der Weg", sagt Hanspeter Brodbeck, der als Heimleiterassistent das Projekt betreut.

Gemeinschaftsgefühl wird gestärkt

Hausdirektorin Monika Volaric hat mit ihm die ersten Ideen zu einem Konzept gebündelt und führt aus: "Durch das Werken mit unterschiedlichen Materialien werden Motorik, Konzentrationsfähigkeit und vor allem auch das Gemeinschaftsgefühl gestärkt. Bereits der erste Termin hat gezeigt, dass es für die Bewohner ein tolles Erfolgserlebnis ist, selbst etwas herzustellen."

Im Fokus hat die Kreativwerkstatt vor allem Männer mit der Diagnose Demenz, für die oftmals bereits das Geräusch der Säge, der Geruch von Sägemehl, das Greifen von Werkstoffen oder der bloße Anblick von Werkzeug schöne Erinnerungen wieder aufleben lassen.

Ermöglicht wird das Projekt durch eine Förderung des Diakonischen Werks Württemberg und die Mithilfe von derzeit elf ehrenamtlichen Helfern, die im ersten Jahr von Sabine Kömpf und Brigitte Lämmlin angeleitet werden. Die beiden Fachkräfte aus den Bereichen Holz- und Tonarbeit bringen Ideen und vorbereitete Materialien mit in die Gruppen. Sie stehen mit Rat und Tat bei den Workshops zur Verfügung. Sie wechseln sich wöchentlich ab, sodass in der einen Woche mit Holz und in der darauffolgenden Woche mit Ton gearbeitet wird.

Voller Konzentration widmet sich L. einem bereits ausgesägten Apfel und bearbeitet mit einem Schleifpapier die noch rauen Kanten. Der Rollator dient dabei als Sitzgelegenheit. Nachdem alle Kanten abgeschliffen sind, geht es nun an das Anmalen des Apfels. Dafür zieht sich L. einen blauen Kittelschurz über. Erinnerungen werden wach, und die Freude ist groß. "Dass er das so gut kann, hätte ich niemals gedacht", sagt eine der Helferinnen.

E. beschäftigt sich währenddessen mit einem herbstlichen Pilz aus Holz. Er lebt zusammen mit seiner Frau in der Einrichtung. Diese lässt es sich nicht nehmen, einen Blick in die Männerrunde zu werfen und zu schauen, was ihr Mann geschafft hat. "Er wollte eigentlich gar nicht zu der Werkstatt kommen, und ich habe es nicht für möglich gehalten, dass er so etwas noch kann", sagt sie. Die Überraschung war groß und die Freude ebenso. Beide strahlten zufrieden und hielten stolz die fertigen Holzteile in die Kamera.

Motivation für den nächsten Besuch

Nun fehlt nur noch ein Platz im Zimmer der beiden, an dem sie die das erste eigene Werkstück aufstellen können. Als Erinnerung daran, was alles auch im hohen Alter machbar ist und als Motivation für den nächsten Besuch in der Kreativwerkstatt im Haus auf dem Wimberg.

Der Nachmittag war geprägt von solchen und ähnlichen Erfahrungen und so verspricht das Unternehmen ein Erfolg zu werden. "Wegen solcher Momente haben wir das Projekt gestartet. Es ist sehr schön zu sehen, wie zufrieden die Teilnehmer wieder in ihre Wohnbereiche gegangen sind. Von den Erfolgserlebnissen zehren die Männer noch einige Zeit und können mit neuem Selbstbewusstsein und Elan in den Alltag gehen", bilanzierte Monika Volaric den ersten Termin der Werkstatt.