Für Gunter Friedrich ist die Versöhnung der Religionen "von enorm zukunftsbestimmender Bedeutung". Foto: Schwarzwälder-Bote

Eine Woche wird 400 Jahre "Fama Fraternitatis" gefeiert / Öffentlicher Festakt mit zwei Ausstellungseröffnungen

Von Axel H. Kunert

Calw. Sie ist gerade einmal 25 Seiten stark, die historische Schrift "Fama Fraternitatis". Doch sie inspiriert seit ihrer Veröffentlichung im Jahr 1614 Menschen, die sich nach einer Versöhnung der Religionen der Welt sehnen.

Die in Deutschland ansässige Stiftung Rosenkreuz hält dieses Erbe lebendig. Und am Montagabend startete die Stiftung mit einem öffentlichen Festakt in der Calwer Aula ihre Veranstaltungswoche zum 400. Geburtstag der "Fama Fraternitatis". Die Versöhnung der Religionen, wie sie der eigentlich poetische Text mit seiner fiktiven Geschichte der Reisen des Christian Rosenkreuz durch die damals bekannte Welt inspirieren will, sei heute "von enorm zukunftsbestimmender Bedeutung", so Gunter Friedrich, Vorstand der Stiftung Rosenkreuz und Chef-Organisator der Festwoche, in seinen Begrüßungsworten.

Die vielen Konflikte in der Welt zeigten, wie wichtig der transreligiöse Dialog sei, den die Rosenkreuzer mit ihrer Arbeit immer wieder neu anstoßen wollten. Als einer der wesentlichen Urheber der "Fama" gilt der evangelische Theologe Johann Valentin Andreae. Dieser wirkte ab 1620 als Superintendent – heute würde man sagen Dekan – in Calw, womit er die Rosenkreuz-Bewegung untrennbar mit dieser Stadt verband. Seit 1957 gibt es auf dem Wimberg das Schulungszentrum der Stiftung Rosenkreuz in Calw, seit 1964 – also seit ebenfalls Jubiläums-trächtigen 50 Jahren – dort auch den Tempel der Vereinigung als spirituelles Zentrum für die rund 15 000 Mitglieder weltweit.

Allein zur aktuell laufenden Festwoche werden 1700 geladene Gäste aus 37 Ländern in Calw erwartet, womit die Bewegung für die Region auch eine enorme wirtschaftliche Bedeutung hat. Entsprechend überbrachte Hans-Martin Dittus als Leiter des Fachbereichs Bildung, Kultur und Tourismus zum Festakt die Grüße der Stadt Calw, des Oberbürgermeisters und des Gemeinderats. Und auch er würdigte die Toleranz-Idee der Rosenkreuz-Bewegung.

Im Gegenzug dankte Gunter Friedrich der Stadt Calw für die große Unterstützung bei der Organisation der jetzigen Festwoche, etwa durch das zur Verfügung stellen der Aula für gleich eine ganze Reihe von Veranstaltungen. Während des Festakts wurden auch zwei Ausstellungen eröffnet, die noch täglich bis kommenden Samstag (jeweils ab 11 Uhr; Eintritt frei) auch für die Öffentlichkeit zugänglich sind: So zeigt der Künstler Alfred Bast 25 Ausstellungstafeln, auf denen in Text und Symbolbildern die Stationen der legendären Reise des Christian Rosenkreuz rund um das Mittelmeer – als Synonym für die damals bekannten Religionen und Kulturregionen – nachgezeichnet sind.

Die Beschreibung dieser Reise bildet den eigentlichen Inhalt der "Fama Fraternitatis". Das Ziel dieser spirituell gemeinten Reise: Der Leser der "Fama" soll die inneren Prozesse, die mit jeder Etappe der Reise verbunden sind, selbst im Geist nachvollziehen. Um, wie Gunter Friedrich erläutert, "das Verbindende aller Religionen und ihre gemeinsamen Ursprünge in sich selbst zu erkennen."

Die zweite Ausstellung in der Calwer Aula zeigt wertvolle Leihgaben der "Bibliotheca Philosophica Hermetica" aus Amsterdam: Originale, zum Teil einmalige historische Schriften und Folianten, die die auch in der "Fama" lebendige Bildersprache des 17. Jahrhunderts anschaulich illustrieren.

Der öffentliche Teil der Veranstaltungswoche "400 Jahre Rosenkreuz" wird am heutigen Mittwoch, 3. September, um 19.30 Uhr in der Calwer Aula mit der Vorführung des eigens für diesen Anlass produzierten Dokumentarfilms "Fama Fraternitatis – der Ruf der Rosenkreuzer Bruderschaft" mit anschließendem Podiumsgespräch fortgeführt. Bereits ab 15 Uhr findet an diesem Tag im Hermann-Hesse-Museum, Saal Schütz, ein offener Workshop zur Hermann Hesses Erzählung "Die Morgenlandfahrt" statt, die ebenfalls viele Motive der "Fama Fraternitatis" beinhaltet und aufgreift.