Brigitte Bernert brachte den Besuchern das Palais Vischer nahe. Dabei ging es um Statussymbole. Foto: Bausch

Museumstag: Reich gewordene Bürgerfamilien konnten sich einiges leisten. Zu sanieren gibt es immer etwas.

Calw - Am internationalen Museumstag ließen sich auch in Calw zahlreiche Interessierte in eine faszinierende, längst vergangenen Zeit entführen. Ein besonderer Magnet war dabei das Palais Vischer.

Nachdem der große, durch einen Rohrbruch verursachte Wasserschaden, behoben ist, präsentiert sich der prächtige, feudale Bau in neuem Glanz. Bei einer Führung verstand es Brigitte Bernert, den Besuchern das historische Gebäude näherzubringen.

Durch Calw getragen

Schon im Untergeschoss zeigten repräsentative Gebrauchs- gegenstände, wie eine historische Pferdekutsche, ein Hochrad und ein Schlitten, dass die reiche Unternehmerfamilie Vischer mit allem ausgestattet war, was die damalige Zeit an Statussymbolen, Bequem- lichkeiten sowie höherem Lebensstandard zu bieten hatte. Eindruck hinterließ auch die Sänfte, mit der noch die Großmutter der heute 94-jährigen Zeitzeugin Angela Ungemach durch Calw getragen wurde.

Besonders interessant für die Besucher war der erste Stock des Prachtbaus mit Salon und weiteren repräsentativen Zimmern. Der große Repräsentationsraum mit seiner stuckverzierten Decke und die Möbel mit edlen Intarsienarbeiten im Wohnbereich der Familie zeugen von ungewöhnlichem Wohlstand.

Die Gewinne aus dem Holzhandel und der Flößerei sowie die industrielle Wollverarbeitung der Calwer Zeughandlungscompagnie hatten es möglich gemacht, dass Calw einmal eine der blühendsten Industriestädte des Herzogtums Württemberg war. Ein gut erhaltender Hausaltar erinnert im Palais Vischer an die Schlosskapellen der damaligen Zeit.

Dass heute in einem Zimmer die teuren alten Tapeten fehlen, ist ein Hinweis auf den späteren Niedergang der Familie. "Die besonderen Tapeten wurden für einen Spottpreis von 1500 Mark verkauft und sind heute im Württembergischen Landesmuseum zu sehen", wusste Bernert.

Eine gut ausgestattete Bauernstube zeigt jedoch mit ihrer bescheidenen Ausstattung das soziale und wirt- schaftliche Gefälle in früheren Zeiten sehr deutlich. Weitere Ausstellungsstücke sorgten für manche Frage. Wie zum Beispiel diese: "Belegt die im nahen Wildberg gefundene helmartige Römermaske aus dem zweiten Jahrhundert nach Christus, dass die Römer im Nagoldtal waren?"

Für viele ebenfalls beeindruckend waren die unterschiedlichen Trachten aus dem Schwarzwald und dem Gäu. Während die Trachten auf der Waldseite aus dunklen Stoffen genäht sind, sind die vom Gäu in freundlichen, hellen Farbtönen gehalten.

"Das Ganze kann nur erhalten bleiben, wenn viele Menschen an einem Strang ziehen, denn in einem solchen historischen Gebäude gibt es ständig etwas zu sanieren.": Mit diesen Worten verwies Bernert auf die Leistungen der städtischen Mitarbeiter vor Ort.