Seit Anfang dieser Woche fährt der Rufbus auch das Obere Enztal an / Aktuell schon über 380 Haltepunkte

Von Axel H. Kunert Oberes Enztal. Von wegen Service-Wüste Deutschland: Mit dem neuen Beförderungskonzept "Centro" wird seit dieser Woche ein völlig neues Kapitel im Öffentlichen Personen-Nahverkehr (ÖPNV) auch für das Obere Enztal aufgeschlagen, das sich am konkreten Beförderungsbedarf des Fahrgastes orientiert.

Bereits seit Mitte Dezember vergangenen Jahres lief der "Centro"-Testbetrieb in der Region Oberreichenbach – mit großen Erfolg. Seit Montag nun folgten die Orte Bad Wildbad mit Calmbach, Neuweiler und Simmersfeld. Ab 12. Mai dann noch die Region Altensteig. Für all diese Bereiche hat das Calwer Busunternehmen Rexer, das das "Centro"-Konzept weitgehend in Eigenregie entwickelt hat und umsetzt, eigene, konzessionierte Bus-Linien. Aber bei Rexer hofft man natürlich, dass sich auch andere Unternehmen von den unschlagbaren Argumenten und dem großen Potential der neuen ÖPNV-Idee anstecken lassen und weitere Regionen folgen werden. "Die Schüler in Oberreichenbach hatten als erste raus, welche Vorteile es hat, den Bus jetzt bei Bedarf selbst per Telefon anfordern zu können", erzählt Tomke van Lessen, bei Rexer die zuständige Verkehrsplanerin für "Centro". "Die haben so bereits Sammelfahrten zum Konfirmanden-Unterricht oder zum Vereins-Training organisiert. Da mussten sonst immer die Eltern ran."

Eine Stunde Vorlauf brauchen die "Centro"-Disponenten, um ab dem Anruf des Fahrgastes dessen Abholung und komplette Fahrroute zu organisieren. Während des Anrufs wird möglichst auch geklärt, ob der Fahrgast eventuell eine Behinderung hat oder ob zum Beispiel ein Kinderwagen mit befördert werden muss. Und im Idealfall kann auch gleich die Rückfahrt mit disponiert werden, "damit wirklich alles ohne Wartezeiten perfekt funktioniert und ineinander greift". Die Fahrt soll von Calmbach nach Igelsloch gehen? Kein Problem. Kaum eine Verbindung innerhalb des "Centro"-Gebiets, die nicht möglich ist. Die Busse erhalten per GPS den neuen Fahrauftrag beziehungsweise den zusätzlichen Halt, wo der Fahrgast aufgenommen (und abgesetzt) werden soll, direkt auf ihr Navigationsgerät geladen – mit sofort optimierter Routenberechnung.

Die Hauptverbindungs-Achse des neuen "Centro"-Konzepts ist die Linie Bad Wildbad–Calw, die mindestens alle zwei Stunden in beide Richtungen bedient wird. Von hier verzweigen sich alle weiteren Orte, die nördlich und südlich dieser Linie angefahren werden – mit derzeit bereits 380 Haltepunkten. "Kein Fahrgast soll mehr als 200 Meter zu einem solchen ›Centro‹-Haltepunkt laufen müssen." Erkennbar sind die Haltepunkte an dem eigenes entworfenen und offiziell genehmigten "Centro"-Schildern – die anders als offizielle Bushaltestellen kein absolutes Parkverbot für andere Verkehrsteilnehmer bedeuten. "Dadurch sind wir flexibler und können mehr solche Haltepunkte anbieten." Der Bus kommt also tatsächlich jetzt zum Fahrgast.

Und das "Centro"-Haltestellen-Netz soll noch deutlich weiter ausgebaut werden, insgesamt 1000 solche "Centro"-Schilder hat man bei Rexer bereits angeschafft. "Der Testbetrieb in Oberreichenbach hat gezeigt, wenn die Menschen das Konzept verstehen, ist der Bedarf einfach riesig. Die Menschen haben offensichtlich auf eine solche Mobilitäts-Lösung gewartet." Aber gibt es denn nicht doch noch einen Pferdefuß irgendwo, womöglich bei den Kosten? "Für Einzelfahrkarten erheben wir tatsächlich einen Komfort-Aufschlag von einem Euro je Fahrt. Aber ansonsten gilt der VGC-Tarif für alle Mehrfach- und Zeitkarten." Das heißt: Statt 3,10 Euro für ein "Centro"-Einzelticket (eine Zone) fährt man mit einer VGC-Zehnerkarte im Centro-Bus für 1,79 Euro. Und wer eine VGC-Monatskarte hat, kann die "Centro"-Busse so oft nutzen wie er will.

Aber irgendwo muss doch auch ein Vorteil für den Busunternehmer stecken – sonst würde der doch so einen immensen Mehraufwand in der Disposition nicht betreiben. "Klar haben wir auch einen Vorteil", erklärt Arno Ayasse, Geschäftsführer beim "Centro"-Betreiber Rexer. "Wir können mit kompakteren Bussen unterwegs sein; das spart Betriebskosten. Und durch das Mehr an Haltepunkten und die flexiblere Linien-Führung können wir diese Busse auch deutlich besser auslasten als bisher." Das "Centro"-Konzept sei daher eine echte "Win-Win-Situation" für alle Beteiligten. Und eine erstmals wirklich echte Alternative zum Individualverkehr auch im ländlichen Raum.

Das wichtigste, was man sich merken muss – die Telefonnummer der "Centro"-Mobilitätszentrale: 07051/162646. Hier sollte man spätestens eine Stunde vor geplanten Fahrtbeginn anrufen und seinen Fahrtwunsch anmelden. Wichtige Informationen, die dabei abgefragt werden: Wer und wie viele fahren wohin; wann ist die Rückfahrt geplant. Der "Centro"-Disponent nennt dann eine Uhrzeit innerhalb der nächsten 60 Minuten und den nächstgelegenen Haltepunkt, an dem der "Centro"-Bus den Fahrgast einsammeln wird. Fahrzeiten sind werktäglich von 8.30 bis 18.30 Uhr und samstags von 8 bis 18 Uhr. Einzelfahrkarten (inklusiv Komfort-Aufschlag) können beim Busfahrer gelöst werden; alle Mehrfach- und Zeitkarten des VGC haben in den "Centro"-Bussen volle Gültigkeit. Weitere Informationen auch im Internet: www.centro-bus.de. Das Unternehmen Rexer bietet interessierten Gruppen wie Seniorenkreisen oder auch Schulklassen die Möglichkeit, sich von den "Centro"-Verkehrsplanern das neue Konzept auch persönlich vor Ort in Rahmen von Workshops erklären zu lassen. Anfragen an: Telefon 07051/16 26 46, Fax 07051-16 26 76, E-Mail bestellung@centro-bus.de.