7000 Fledermäuse haben sich die beiden Tunnel, durch die bis 2019 die Hermann-Hesse-Bahn fahren soll, als Winterquartier ausgesucht. Naturschützer drängen auf die Schonung dieser Population – zum Beispiel durch eine Tempo 30-Lösung im Tunnel. Im Calwer Landratsamt denkt man dagegen über eine Umsiedlung der Tiere nach. Foto: Fritsch

Naturschützer mahnen bei Planern eine Lösung des Problems an und fordern im Winter Tempo 30 im Tunnel.

Kreis Calw - Prinzipiell sei man ja für die Hesse-Bahn, sagen Naturschützer aus dem Kreis Calw. Doch werde die Fledermaus-Frage nicht zufriedenstellend gelöst, werde man sich in letzter Konsequenz gegen die Bahn stellen, kündigt der Sprecher des Landesnaturschutzverbands im Kreis Calw, Dieter Laquai an. Das Landratsamt will bis Sommer eine Lösung vorstellen.

Stein des Anstoßes sind die beiden bestehenden Tunnel bei Althengstett und Hirsau, die Teil der Hesse-Bahn-Strecke werden sollen. Dort schlagen nach Angaben der Naturschützer rund 7000 Tiere ihr Winterquartier auf.

Das Problem: "Die Tiere sind vor allem im Herbst, wenn sie auf der Suche nach Winterquartieren vor den Tunneleingängen schwärmen, stark von Kollisionen mit den Zügen bedroht", erklärt Dieter Laquai, einer von zwei Sprechern des Landesnaturschutzverbandes im Kreis Calw. Ein Problem, das die Naturschützer unbedingt von den Planern der Hermann-Hesse-Bahn gelöst wissen wollen.

Regine Einfeld, ebenfalls eine der Sprecher des Landesnaturschutzverbandes Kreis Calw und Geschäftsführerin des BUND Nordschwarzwald, betont in diesem Zusammenhang: "Wir haben von Anbeginn darauf gedrungen, dass eine Schonung der Populationen – es sind immerhin 7000 Tiere, die in den Tunneln ihren Winterschlaf halten, darunter sehr seltene und gefährdete Arten – allererste Priorität haben muss."

Anfangs positiv bewertet hatten die Naturschützer die "Fledermauswerkstatt" – ein Treffen von Behördenvertretern, Naturschutzverbänden, Fledermausexperten und Planern, in der man zunächst gemeinsam nach Lösungen suchte.

Allerdings kritisieren die Verbände nun, dass sämtliche Vorschläge für Lösungsmaßnahmen vom Landratsamt als nicht zumutbar abgelehnt wurden. Beim BUND-Kreisverband Calw ist man zusätzlich desillusioniert: "Seit März 2014 hat es auch gar kein Treffen mehr gegeben, die Fledermauswerkstatt wurde immer wieder verschoben."

Eine gemeinsame Ausarbeitung von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen, wie sie der Landkreis in Flugblättern schildere, gebe es nicht, hebt Renate Fischer vom Vorstand des NABU Calw hervor. Die könne man auch nicht einfach so schaffen. "Natürlich kann man Sommerquartiere für Fledermäuse verbessern und aufwerten, etwa dadurch, dass man Waldflächen aus der Nutzung nimmt", so Fischer. "Aber der Engpass für die Tiere sind die Winterquartiere – Höhlen, Stollen, alte Eiskeller – und die kann man nicht einfach neu schaffen oder entwickeln." Die im Umfeld vorhandenen Winterquartiere seien viel zu klein, um zusätzlich mehrere Tausend Tiere aufnehmen zu können. Außerdem seien die Tiere sehr standorttreu und ließen sich nicht auf die Schnelle umsiedeln.

Aus Sicht der Naturschützer gibt es für die Problematik nur eine praktisch umsetzbare Lösung: "Diese Gefahr lässt sich dadurch entschärfen, dass die Züge in diesen Monaten abends ihre Fahrgeschwindigkeit auf 30 Stundenkilometer reduzieren. Und natürlich muss bei der Sanierung der Tunnel darauf geachtet werden, dass möglichst viele Winterquartiere erhalten bleiben", erklärt Dieter Laquai.

Der Vorschlag mit den 30 Stundenkilometern ist aus Sicht des Landratsamtes hingegen nicht umsetzbar. Dadurch werde der konzipierte Fahrplan mit den Wendezeiten etwa in Renningen komplett über den Haufen geworfen, sagt Umweltdezernent Joachim Bley vom Calwer Landratsamt. Andere Vorschläge der Naturschützer wie die Anschaffung weiterer Fahrzeuge seien finanziell nicht darstellbar. "Das würde Mehrkosten in Millionenhöhe verursachen", gibt Bley im Gespräch mit unserer Zeitung zu bedenken.

Nicht nur in dieser Sache liegen Landratsamt und Naturschützer weit auseinander, das muss Bley zugeben. Generell würden die Verbände eine Vermeidungsstrategie in Sachen Fledermäuse fahren, was so viel heißt dass man in den Tunneln Zusammenstöße vermeiden will.

Das Landratsamt setze dagegen auf Ausgleichsmaßnahmen. Das heißt, man sucht alternative Plätze für die kleinen Tiere. "Da kommen große Stollen, Höhlen, Eiskeller oder auch Bunker in Frage", sagt Bley. Man sei intensiv auf der Suche, verhandle mit Grundstückseigentümern und stehe in einem Fall kurz vor dem Abschluss. Bis Sommer will man mit der Suche nach Ausgleichsmaßnahmen durch sein, so Bley. Eine direkte Umsiedlung der 6000 bis 7000 Tiere werde es dabei nicht geben, erklärt der Dezernent. Man werde den Tieren die aktuellen Standorte in den Tunneln vergraulen und sie damit zur Suche nach neuen Standorten bringen.

Die Kritik, man habe die Fledermaus-Workshops seit einem Jahr nicht mehr abgehalten, will Bley so nicht stehen lassen. 2013 und 2014 habe man sie veranstaltet, habe sogar Exkursionen organisiert, berichtet Bley. In dieser Zeit seien 37 Vorschläge zur Lösung des Problems zusammengekommen.

Diese Vorschläge zu überprüfen und abzuarbeiten, sei sehr zeitaufwendig. Daran arbeite man bis heute noch, sagt Bley, der im Gespräch mit unserer Zeitung Mutmaßungen offensiv entgegen tritt: "Zu verbergen haben wir in dieser Angelegenheit jedenfalls nichts."