Auf Einladung von Staatssekretär Hans-Joachim Fuchtel sprach der indische Botschafter in Deutschland, Gurjit Singh, vor Unternehmern und Führungskräften der Region über die Möglichkeiten deutsch-indischer Wirtschaftsbeziehungen. Foto: Kunert Foto: Schwarzwälder-Bote

Wirtschaft: Gurjit Singh wirbt für deutsche Investitionen in Indien / Verzerrtes Bild herrsche vor

Es scheint ein besonderes Band zu sein, das die Stadt und auch den Kreis Calw mit Indien verbindet. Das wurde beim Besuch des seit Beginn dieses Jahres amtierenden indischen Botschafters in Deutschland, Gurjit Singh, in der Hesse-Stadt deutlich.

Calw. "Ich habe mir als Kind nicht vorstellen können, einmal selbst im Geburtshaus von Hermann Hesse stehen zu dürfen", sagte "seine Exzellenz" – so die protokollarisch korrekte Anrede des hohen Gastes – nach der Stippvisite im Elternhaus des Literaturnobelpreisträgers vor ausgewählten Wirtschaftsvertretern im "Hesse-Kabinett" der Calwer Sparkasse.

Es folgte eine ungeheure Charme-Offensive des Mannes mit dem kunstvoll gebundenen Dastar, dem indischen Turban, der den Träger als Angehöriger der Sikh-Religion ausweist.

Dank "gutem Freund Fuchtel eine wunderbare Stadt" besucht

Gurjit Singh dankte "meinem guten Freund (Hans-Joachim) Fuchtel", der ihn "in diese wunderbare Stadt Calw" eingeladen und diesen insgesamt dreitägigen Besuch des Botschafters in Fuchtels Bundestags-Wahlkreis erst möglich gemacht hatte. "Und allen Bürgern, die diese Stadt so wunderbar machen." Komplimente öffnen eben die Herzen, und genau das ist auch die Mission, die der freundliche Diplomat aus dem für Deutsche immer noch sehr fremden Indien eigentlich her geführt hatte. Schließlich waren Unternehmer und Führungskräfte aus der Region an diesem Abend seine Zuhörer.

Es gelte Missverständnisse auszuräumen, mehr noch: Den in Indien vor allen anderen Nationen willkommenen deutschen Investoren die Angst vor seinem Land zu nehmen, sie überhaupt erst einmal für die Möglichkeiten des voraussichtlich ab 2025 bevölkerungsreichsten Land der Erde zu interessieren, so Singh.

Es herrsche in Deutschland immer noch ein verzerrtes, von alten Klischees bestimmtes Bild von Indien vor. Mit einer Wachstumsrate von zuletzt 7,3 Prozent befinde sich Indien aber auf gutem Weg in die Liste der Top-50-Industrienationen, wofür sein Land aktuell stetig verbesserte Rahmenbedingungen schaffe wie beispielsweise eine drastisch vereinfachte Steuergesetzgebung.

Derzeit habe Indien 1,3 Milliarden Einwohner, davon 600 Millionen junge Menschen, die in Ausbildung und Berufe drängten. Und Gurjit Singh erinnerte seine deutschen Zuhörer, zu denen mit Hans-Joachim Fuchtel immerhin ein ranghohes Mitglied der deutschen Bundesregierung gehörte, auch hier mit aller Freundlichkeit daran, dass Indien – anders als China, der große Wettbewerber Indiens um die Gunst der deutschen Wirtschaft – heute eine etablierte Demokratie sei, und damit eigentlich ein natürlicher Partner Deutschlands sein müsste.

Erst 1850 Unternehmen der Bundesrepublik auf Riesenmarkt vertreten

Aber, so der freundlich, aber bestimmt vorgebrachte Vorwurf Singhs, in China seien die Menschen als Arbeitskräfte für deutsche Investitionen wohl leichter form- und führbar.

Und dann umriss seine Exzellenz mit einem sehr plastischen Beispiel, wie sehr diese indische Wirtschaft spannend für europäische, mehr noch deutsche Investitionen ist – wie sehr dieser Markt bereits heute vor allem anderen europäische/deutsche Technologie nachfragt: Jede Woche für die nächsten zehn Jahre werde ein Airbus-Flugzeug an Indien ausgeliefert, 520 Flugzeuge insgesamt – eine Zahl, die eigentlich ein eigenes Airbus-Werk in Indien bereits rechtfertigen könnte. Tatsächlich seien heute aber erst 1850 deutsche Unternehmen im Riesenmarkt Indien vertreten.

Um diese Zahl künftig zu steigern, habe die indische Botschaft speziell für Deutschland ein Förder-Programm aufgelegt, um 100 "Hidden Champions" aus Deutschland zu identifizieren und diese mit maximaler Unterstützung nach Indien zu bringen. 60 Teilnehmer – also deutsche Hochtechnologie-Unternehmen – seien bereits gefunden worden, 28 davon hätten auch schon erfolgreich indische Niederlassungen gegründet.

Singhs Hoffnung für diesen Abend in Calw: das sich auch hier interessierte Unternehmer finden würden, die diese einmalige Chance nutzen wollten, mit breiter administrativer und auch finanzieller Unterstützung das nicht mehr lange unbekannte Indien zu einem eigenen guten Freund zu machen. Und zu einem eigenen erfolgreichen Geschäftsbereich.