In diesem Jahr braucht der Landkreis insgesamt 140 Plätze für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge. Foto: Deck

Asyl: Unterbringung unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge im Kreis ist fast gelöst – die Finanzierung aber nicht.

Kreis Calw - Aktuell kommen deutlich weniger Flüchtlinge in den Kreis Calw als noch vor ein paar Monaten. Im Mai und Juni kommen gar keine neuen. Das gibt der Verwaltung im Landratsamt Luft und Gelegenheit, sich um ein – sehr kostspieliges – Problem zu kümmern: die jungen unbegleiteten Flüchtlinge.

Bis in den Herbst des vergangenen Jahres war das Thema der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge im Kreis Calw so gut wie nicht existent. Noch im Sommer 2015 waren nur fünf von ihnen im Kreis Calw registriert. Das lag schlicht an der Tatsache, dass bis Ende Oktober 2015 die Gesetzeslage so war, dass die jugendlichen Flüchtlinge von dem Jugendamt in Obhut genommen werden mussten, in dessen Bereich sie angetroffen wurden. Das führte dazu, dass vor allem die Jugendämter in Grenznähe – vor allem in Bayern – mit diesem Problem konfrontiert waren.

Das hat sich inzwischen geändert. Auch die unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge werden inzwischen bundesweit verteilt. Das hat binnen kurzer Zeit dazu geführt, dass sich der Landkreis Calw um rund 100 dieser meist zwischen 16 und 18 Jahre alten Flüchtlinge kümmern muss – die meisten kommen aus Afghanistan, gefolgt von Syrien und Irak. Da man im Kreis Calw aber nur sehr wenige vollstationäre Plätze in der Kinder- und Jugendhilfe hat – dort werden die jungen Flüchtlinge für gewöhnlich untergebracht – musste man im Calwer Landratsamt schnell handeln.

Die Idee, die Flüchtlinge in Pflegefamilien unterzubringen, erwies sich schnell als ungeeignet, wie Sozialdezernent und Flüchtlingskoordinator Norbert Weiser berichtet. "Das hat nicht funktioniert", so Weiser. "Wir haben uns entschlossen, dass wir die Pflegefamilien im Kreis Calw nur für die Pflegekinder in Anspruch nehmen, die wir ohnehin schon im Kreis haben und nicht für die Flüchtlinge."

Erste Unterstützung bei der Suche nach Unterbringungsmöglichkeiten kam aus Pforzheim – vom Jugendhilfeträger AMJ Ginal, der schon vorher eine Außenwohngruppe im Unterreichenbacher Teilort Kapfenhardt betrieben hatte. Inzwischen hat AMJ Ginal die Betreuung ausgebaut und auch in Bad Teinach und dessen Teilort Sommenhardt Plätze für 25 Jugendliche eingerichtet. Insgesamt betreut der Träger inzwischen 37 junge Flüchtlinge. Als weitere Partner bei dieser Aufgabe hat der Landkreis die "Erlacher Höhe" gefunden, die in Calw und Würzbach 29 Plätze geschaffen hat, das Sprachheilzentrum in Calw-Stammheim, stellt inzwischen 16 Plätze. Weitere Plätze gibt es – oder sind in Planung – beim CJD Altensteig, der Stiftung "Jugendhilfe aktiv" in Egenhausen und beim Verein "Seehaus" in Altensteig. 32 Jugendliche sind in Einrichtungen außerhalb des Landkreises untergekommen. Binnen fünf Monaten konnte man also mehr als 100 Plätze schaffen. Doch die werden aller Voraussicht nach nicht reichen, denn als Zielmarke wurden dem Kreis 140 Jugendliche genannt. Die Suche nach Plätzen geht also weiter.

Doch die Plätze sind nicht das alleinige Problem. Es ist wieder einmal das liebe Geld. Denn die Unterbringung ist aufgrund der gesetzlichen Vorgaben sehr kostspielig. Pro Tag und Flüchtling kostet das den Kreis zwischen 140 und 170 Euro. Sollten tatsächlich einmal 140 junge Flüchtlinge im Kreis unterkommen, wären das Gesamtkosten von mindestens über sieben Millionen Euro jährlich.

Liquidität des Landkreises in Gefahr

Offiziell soll das Land diese Kosten übernehmen, doch der Landkreis muss da in Vorleistung gehen und auf die Erstattung durch das zuständige Landesversorgungsamt beim Regierungspräsidium Stuttgart warten. Doch die haben bereits signalisiert, dass es aufgrund von Personalengpässen zu Verzögerungen kommen dürfte. Also muss der Kreis weiter das Geld vorstrecken. Sollte das bis in den Sommer so weitergehen, könnte der Landkreis nach Angaben von Landrat Helmut Riegger durchaus in Liquiditätsprobleme kommen.

Derzeit ist in dieser Sache auf den Höhen über Calw im Landratsamt das Prinzip Hoffnung angesagt, denn: "Bis dato ist vom Land noch kein einziger Cent angekommen", gab Sozialdezernent Norbert Weiser dieser Tage bekannt.