Der Leuchtturm an der Hafeneinfahrt ist ein Wahrzeichen Chanias. Foto: Bernklau Foto: Schwarzwälder-Bote

Drei Landratsamtsmitarbeiter bringen die Partnerschaft des Kreises mit der Region Chania auf der griechischen Insel mächtig voran

Von Sebastian Bernklau Kreis Calw/Chania. Für sie ist die Partnerschaft des Kreises Calw mit der Region Chania auf der griechischen Insel Kreta nicht irgendeine Partnerschaft. Mit viel Herzblut treiben Norbert Weiser, Sophie Schumann und Andreas Knörle die Beziehungen nach Kreta voran – und haben schon jede Menge erreicht. Vor noch nicht einmal zwei Jahren, auf dem Höhepunkt der Griechenlandkrise, reifte auf Initiative des Griechenlandbeauftragten der Bundesregierung – dem hiesigen Bundestagsabgeordneten Hans-Joachim Fuchtel – die Idee, der Nordschwarzwald könne mit der griechischen Insel Kreta eine Partnerschaft eingehen, um dem gebeutelten Land etwas auf die Beine zu helfen. Die Idee fiel auf fruchtbaren Boden.

Die vier Kreise der Region Nordschwarzwald schlossen sich mit den vier Regionen Kretas zu einer Partnerschaft zusammen. Der Kreis Calw tat sich mit der Region Chania im Norden der Insel zusammen. Chania ist mit mehr als 50 000 Einwohnern die zweitgrößte Stadt der Insel.

Neben Landrat Helmut Riegger nahmen sich im Landratsamt besonders drei Mitarbeiter der Aufgabe an, die Partnerschaft zu pflegen: Rieggers Büroleiter Andreas Knörle, Sozialdezernent Norbert Weiser und die inzwischen für die Kreisentwicklung zuständige Sophie Schumann. Sie fanden schnell heraus, dass Fuchtels Grundidee, Verwaltungshilfe zu leisten, bei den Verantwortlichen in Chania auf wenig Gegenliebe stieß. Also machten sich die Drei auf die Suche nach Gebieten, wo sie effektive Hilfe leisten konnten.

Dreimal reiste die "Task Force Kreta" für Kurzbesuche auf die Insel, führte viele Gespräche und entwickelte etliche Ideen, von denen manche kurz vor der Umsetzung stehen. Besonders aktiv war man auf dem Gebiet des Tourismus, dem Hauptwirtschaftszweig der Insel. So ist geplant, kretische Köche und Service-Kräfte nach Ende der Saison in Griechenland – sie geht vom 1. April bis 31. Oktober – in den Kreis Calw zu bringen, wo sie in der Hotellerie und Gastronomie arbeiten und dazu noch gutes Geld verdienen können. "Bei uns ist der Bedarf an solchen Fachkräften da", sagt Andreas Knörle, der auch weiß, dass der Lohn in Deutschland für die Gäste attraktiv ist, verdienen die Kreter in ihrer Heimat gerade einmal zwei Euro die Stunde. Knackpunkt an der Sache ist jedoch die Sprache der Fachkräfte. Doch da hat man die Hilfe des Goethe-Instituts auf Kreta gewinnen können, das Deutschkurse für maximal 25 Griechen anbieten will. Fest steht, dass die Fachkräfte nicht alleine in den Nordschwarzwald kommen sollen, sondern als Gruppe, auch um sich nach der Arbeit nicht alleine und verloren zu fühlen.

Das Goethe-Institut spielt auch darüber hinaus eine entscheidende Rolle in den Bemühungen der Vertreter des Kreises: Argyro Ganadaki ist nicht nur Mitarbeiterin des Instituts, sondern eine Schlüsselperson der Bemühungen, die Netzwerke und Kontakte vor Ort hat und so die Kurzbesuche der Landkreisvertreter effektiv organisieren kann.

Ein ganz anderer touristischer Impuls hat mit einem Besuch einer Landkreis-Delegation auf der Internationalen Tourismusbörse ITB in Berlin zu tun. Dort traf man in Begleitung von Hans-Joachim Fuchtel die griechische Tourismusministerin Olga Kefalogianni, den Chef des Stuttgarter Flughafens Georg Fundel und Vertreter des Tourismusunternehmens TUI. Ergebnis der Gespräche war, dass die TUI schon ab kommendem Jahr die Zahl der Direktflüge von Stuttgart nach Chania drastisch erhöht. Die Rede ist von mehr als 500 Flügen pro Jahr zusätzlich.

Auch bei einem anderen Ziel ist die TUI mit im Boot, denn im Nordschwarzwald will man erreichen, dass man die Tourismus-Saison auf Kreta auf das ganze Jahr ausdehnt, um nicht nur Badetouristen, sondern auch Radfahrer, Wanderer oder Kulturtouristen auf die Insel zu locken. Das allerdings wäre für die Branche auf der Insel mit einigen Investitionen verbunden, denn die Hotels sind nicht auf Winterbetrieb eingerichtet. Kaum ein Haus hat eine Heizung, Wellnesseinrichtungen sind Mangelware.

Im Übrigen kann man sich im Landratsamt auch bei der Vermarktung der Tourismusziele eine Kooperation vorstellen – etwa einen gemeinsamen Auftritt auf Messen.

Zweiter wichtiger Teil der Partnerschaft ist der Bildungssektor. Ein Punkt ist die berufliche Bildung, über die man sich rege austauscht. Darüber hinaus hat schon ein Austausch von Grundschullehrern stattgefunden – mit Lehrern der Grundschule Gündringen/Schietingen in Kooperation mit der Christiane- Herzog-Realschule Nagold.

Selbst auf Hochschulebene ist an einen Austausch gedacht – zwischen der SRH-Hochschule Calw und der FH in Chania, die über die TU München bereits Kontakte nach Deutschland hat.

Ein aktuelles Projekt beschäftigt sich mit der Direktvermarktung von kretischen Produkten wie Wein oder Olivenöl. Da vermittelte die "Task Force Kreta" aus dem Landratsamt bereits Kontakte zwischen kretischen Produzenten und einem wichtigen Einkäufer für Supermarktketten. In den Kinderschuhen steckt ein Projekt auf dem Sportsektor: Da ist eine Partnerschaft zwischen dem griechischen Fußball-Erstligisten FC Platanias aus Kreta und dem VfL Nagold angedacht.

Für die drei vom Landratsamt ist diese Mission Kreta weit mehr als nur Arbeit, die sie so unauffällig wie kostengünstig leisten wollen. "Es macht uns Spaß, da schaut man nicht auf die Stunden, die so etwas dauert", sagt Andreas Knörle, der von Norbert Weiser bestätigt wird: "Da ist schon eine Menge Herzblut dabei."