Dass sich Raad Dalih Al-Shateri (von links) und Abdul Basil Niazi so engagieren freut Abteilungsleiter Ralf Bühler, Dolmetscherin Fatma Rayhaniye und Sozialdienstmitarbeiterin Manuela Wirkner. Foto: Bernklau Foto: Schwarzwälder-Bote

Asyl: Flüchtlinge arbeiten als Handwerker und Betreuer in den Unterkünften des Landkreises / "Das Geld ist mir nicht wichtig"

In Flüchtlingsunterkünften gibt es immer Arbeit. Ob für Handwerker wie Maler und Elektriker oder einfach als Betreuer. Um die zu erledigen, muss der Landkreis Calw nicht zwingend Hilfe von außen holen. Es gibt auch Flüchtlinge, die sich da gerne aktiv einbringen – auch weil es dabei hilft, mit der Vergangenheit klarzukommen.

Kreis Calw. Seine Freunde und Bekannten können ihn nicht verstehen: "Warum arbeitest du für einen Euro die Stunde?", fragen sie und schütteln den Kopf. Doch das Geld ist Raad Salih Al-Shateri nicht wichtig. "Ich muss einfach arbeiten", sagt der 39-Jährige aus dem Irak mit ernster Miene. "Ich habe so viel Schlimmes gesehen. Das will ich alles so schnell wie möglich vergessen. Da ist die Arbeit wie eine Therapie für mich."

Im Januar kam der Mann aus dem kurdischen Teil des Irak zunächst in die – inzwischen wieder geschlossene – Kreiserstaufnahme in Bad Wildbad. Inzwischen lebt er in der Unterkunft in der Hengstetter Steige in Calw. Er selbst war es, der schnell auf die Betreuer des Landratsamtes zukam. "Bitte gebt mir Arbeit, ich kann gut malen", mit diesen Worten habe er sich gemeldet, erinnert sich Ralf Bühler, Leiter der Abteilung Integration und Flüchtlinge im Calwer Landratsamt. "Und für Maler gibt es in unseren Unterkünften überall etwas zu tun." Und dass der Iraker bei seiner Vorstellung nicht übertrieben hat, das kann Bühler inzwischen bestätigen: "Er macht seine Arbeit wirklich gut." Al- Shateri bekommt dafür zusätzlich zu seinen Grundleistungen 1,05 Euro die Stunde. "Damit hat er am Ende des Monats 100 Euro mehr in der Tasche als andere Flüchtlinge, die nicht arbeiten", rechnet Bühler vor. Doch er sagt es immer wieder: Das Geld ist ihm nicht wichtig. Er mag die Menschen. Er will ihnen helfen. Er will arbeiten – um zu vergessen. Selbst wenn es kein Geld dafür bekommt, packt der Mann aus dem Nordirak kräftig zu – etwa im Haushalt seiner Nachbarn, einer Familie mit Kind aus Russland.

Alaa Darwesh würde liebend gerne im Kreis Calw in seinem eigentlichen Beruf arbeiten. Der 28-jährige Neurochirurg floh vor gut einem Jahr aus der Hölle von Homs aus dem syrischen Bürgerkrieg unter abenteuerlichen Umständen nach Deutschland, ließ seine Familie – er hat zwei Kinder im Alter von einem und drei Jahren – dort zurück. Er kam nach Calw und kümmerte sich schnell um seine Integration, spricht inzwischen sehr gut Deutsch. Doch der Traum, wieder als Arzt hier zu arbeiten – er kann sich sogar eine eigene Praxis nur für Flüchtlinge vorstellen – der lässt sich nicht so leicht in die Tat umsetzen. Trotz guter Sprachkenntnisse muss Darwesh noch einige bürokratische Hürden überwinden.

Syrischer Neurochirurg arbeitet in der Flüchtlingsbetreuung

Und bis das geschafft ist, arbeitet er in der Flüchtlingsbetreuung. Inzwischen hat er einen Vertrag mit der Erlacher Höhe und betreut in Oberreichenbach-Würzbach unbegleitete junge Flüchtlinge in der dortigen Unterkunft: 23 Jungs vornehmlich aus Afghanistan. Mit Stolz und Respekt erzählt er von seinen Schützlingen: "Sie gehen alle zur Schule, in der Unterkunft gibt es danach Hausaufgabenbetreuung und andere Aktivitäten", berichtet der junge Syrer, der sogar schon eine eigene Wohnung hat. Einige von ihnen hätten sogar schon Praktika in Firmen gemacht, manche wollten Dolmetscher werden, erzählt er stolz. Doch bei allem Stolz kann er den Stachel nicht vergessen, der ihm im Fleisch sitzt: Die Sehnsucht nach seiner kleinen Familie und die tägliche Sorge um sie und ihre Sicherheit inmitten des Krieges.

Abdul Basil Niazi ist im Herbst 2015 alleine nach Deutschland gekommen. Seine zwei Kinder sind noch immer in seiner Heimat Afghanistan. Dort hat der 33-Jährige in der Nähe des amerikanischen Luftwaffenstützpunktes Bagram gelebt und für eine Firma als Elektriker gearbeitet. Ein Mann mit Fachkenntnissen also. Und die werden auch in Deutschland gebraucht. Eine Anstellung bei einer Firma kann sich der Afghane zwar vorstellen, doch die Gesetzeslage verhindert das noch, obwohl er ein Arbeitszeugnis seiner Firma in Afghanistan vorweisen kann.

Doch seine Talente liegen nicht brach. Eines Tages wurden die Betreuer des Landkreises auf seine Fähigkeiten aufmerksam. Seit diesem Zeitpunkt arbeitet Niazi für ein kleines Entgeld für den Landkreis und ist in den verschiedenen Unterkünften im Kreisgebiet zur Stelle, wenn es um Elektroinstallationen oder Probleme an der Elektrik geht. Und dabei kommt er im ganzen Kreis herum – in Nagold ebenso wie in Calw-Wimberg oder in Schömberg. Und das zu Arbeitszeiten, die denen eines deutschen Handwerkers nicht so unähnlich sind: "Morgens geht es um 7.30 Uhr los", erzählt der Afghane, "Und es endet so um 15 oder 16 Uhr."