Dramatische Szenen spielten sich an einem Freitagabend im April im Blumenladen in der Calwer Lederstraße ab. Foto: Hennings

Opfer des Raubüberfalls auf Calwer Blumenladen sagt vor Gericht aus. Verhandlung wird am 6. November fortgesetzt.

Calw/Tübingen - Ein halbes Jahr ist es her, dass sich in der Calwer Lederstraße dramatische Szenen abspielten. Ein 54-jähriger Mann überfiel dort einen Blumenladen und schlug eine Mitarbeiterin bewusstlos. Dafür muss sich der Bad Wildbader seit Monatg vor dem Tübinger Landgericht verantworten.

Als das 29-jährige Opfer am Montag im Gerichtssaal auf den Angeklagten trifft, schießen ihr die Tränen in die Augen. Zu intensiv sind offenbar die Erinnerungen an das, was dieser ihr am 25. April diesen Jahres angetan hatte.

Für die Floristin geht an jenem Freitag gegen 19.30 Uhr ein normaler Arbeitstag zu Ende. Gerade hatte sie die Kasse abgerechnet und das Licht ausgeschaltet. Doch als sie zum Hinterausgang des Ladens hinausgehen will, steht ihr plötzlich – zunächst versteckt hinter einem Vorhang – der Angeklagte im Weg. Dieser hat es auf die Handtasche der 29-Jährigen abgesehen, zieht ihr diese aus der Hand. Doch die Laden-Mitarbeiterin wehrt sich.

Was sich bis dahin abgespielt hatte, gesteht der Angeklagte am Montag beim Prozessauftakt in Tübingen. Der Mann entschuldigt sich zwar bei der Frau. Er könne es aber verstehen, wenn sie dies nicht annehme. Warum, erklärt sich vor allem durch die folgenden, brutalen Ereignisse, an die sich der Angeklagte laut eigener Aussage aber nicht erinnere. Er gibt nur vereinzelte Details preis.

Laut Anklage entwickelt sich zwischen den beiden eine 25-minütige Auseinandersetzung, bei der die Laden-Mitarbeiterin schwer verletzt wird und neben einem Schädel-Hirn-Trauma, einer gebrochenen Nase, einem zugeschwollenen Auge auch Ergüsse am ganzen Körper erleidet.

Unter anderem schlägt der 54-Jährige seinem Opfer eine Glasvase über den Kopf, welche zersplittert. Er hält ihr Mund und Nase zu, würgt sie, sodass sie keine Luft bekommt. Er versucht ihre Haare anzuzünden, scheitert aber, da diese nass sind. Immer wieder schlägt er den Kopf der Floristin gegen den Boden. "Nimm’ das Geld, ich möchte nicht sterben!", fleht sie ihn an. Erfolglos. Ihre Hilferufe hört niemand, ein Biss in die Hand des Mannes hilft nicht.

Wenig später, nachdem er erneut mit einer Vase auf sie eingeschlagen hatte, wird sie bewusstlos. Erst auf der Intensivstation des Krankenhauses wacht sie wieder auf.

Der Täter nimmt die Tageseinnahmen des Ladens, rund 600 Euro, sowie 20 Euro des Opfers aus dem Geldbeutel, und geht zurück zum Parkplatz am Friedhof, wo seine Frau mit ihrem Hund Gassi gegangen war. Gemeinsam fahren beide zu einem Tankwart der Tankstelle in Schömberg, bei dem er Schulden zu begleichen hat. Von dort begeben sie sich zum Einkauf nach Pforzheim.

"Ich war erst überzeugt, dass es ihm ums Geld geht", sagt die Laden-Mitarbeiterin gestern aus. Das habe sich aber geändert, als der Täter die Tasche hatte, aber nicht ging, sondern weiter auf sie einschlug. "Todesangst"habe die 29-Jährige empfunden.

Warum der 54-Jährige nicht früher mit dem Geld floh, ist unklar. Der Frührentner, der wegen schweren Raubs und gefährlicher Körperverletzung angeklagt ist, muss derzeit Schulden im fünfstelligen Bereich abstottern. Der Bewohner eines Wohnwagens auf dem Campingplatz in Bad Wildbad geriet offenbar nach einer Scheidung auf die schiefe Bahn. Die Verhandlung wird am 6. November ab 14 Uhr fortgesetzt.