Durchaus möglich, dass der Radfahrerverein Edelweiß Altbulach, der hier zu sehen ist, gerade auf dem Weg zum Fest in Altburg oder Sommenhardt war. Foto: Archiv Schabert Foto: Schwarzwälder-Bote

Sportgeschichte: In den 1920er-Jahren gab es im späteren Landkreis Calw mehr als 30 solcher Klubs

Sie ist fast vergessen, die große Bewegung der Radfahrervereine nach der vorletzten Jahrhundertwende. Hauptsächlich mit der zunehmenden Motorisierung um 1930 ist sie verschwunden.

Calw. Dabei lassen sich in den 1938 zum Landkreis Calw gewordenen Oberämtern Calw, Neuenbürg und Nagold um 1925 allein mehr als 30 solcher Klubs nachweisen. Zu den älteren zählte der 1907 in Altburg gegründete. In Verbindung mit dem Calwer Bezirksfest feierte er mit den Radfahrbegeisterten und dem ganzen Dorf 1927 groß sein 20-jähriges Bestehen.

Das Calwer Tagblatt berichtete am 27. Juli 1927, wie sich der Ort dazu mit "reich geschmückten und beflaggten Häusern" herausgeputzt hatte. Auch ein Festzug fehlte nicht. Nicht nur die Radsportler, auch Turnverein, Fußballclub, Liederkranz und Militärverein Altburg sowie die Schule mit Hauptlehrer Schnaitmann und die Calwer Stadtkapelle beteiligten sich daran wie am Programm.

Start um 5 Uhr

Der frühe Start eines Radrennens fand morgens um 5 Uhr statt. Darüber hält der Zeitungsbericht wörtlich fest: "Die Rennstrecke für das Haupt- und Bezirksmeisterschaftsfahren führte nach Oberreichenbach – Calmbach – Höfen – Rotenbach – Neuenbürg und zurück (42 Kilometer). ... Kurz vor dem Zielband fuhren die ersten Sieger einander an und fielen von ihren Rädern. ... Dadurch änderte sich die Reihenfolge. Erwähnenswert ist noch, dass abwärts 70 Kilometer und in der Ebene 40 bis 45 Kilometer gefahren wurden."

Für den Sieger wurden rund eine Stunde und 19 Minuten gestoppt – und dies noch ehe um 1930 die erste taugliche Gangschaltung erfunden war. Die Radsportler, Kunstradfahrer und Teilnehmer am bunt-blumengeschmückten Korso – der bei den großen Radlerveranstaltungen obligatorisch war und bewertet wurde – kamen aus der ganzen engeren Umgebung, aber auch aus Pforzheim, Leonberg, Mühlacker, Magstadt, Weil der Stadt und Pfrondorf. Auch Schultheiß Walz, gleichzeitig Ehrenvorsitzender des Radfahrervereins Altburg, wirkte mit.

Mit 2000 Besuchern

Die Bannerweihe des "Radfahrer-Vereins Wanderlust Sommenhardt" zog 1924 – drei Jahre nach der Gründung – 17 gleichartige auswärtige Klubs und 2000 Besucher in das Dorf. Sorgsam hütet die Schützenkameradschaft Sommenhardt die alte Vereinsfahne der Radler. Zunächst war sie deren Kleinkaliber-Schützenabteilung und ist 1935 aus dem Radfahrer-Verein hervorgegangen. Im Heimatmuseum Neuweiler gibt es eine alte Fahne vom "Radfahrerverein Eintracht Neuweile". In Walddorf wird von Bernd Brenner die 1910 geweihte Fahne des zwei Jahre zuvor entstandenen dortigen Radfahrervereins gepflegt.

Noch früher entstand 1898 in Nagold ein solcher Verein. Für Calw berichtete das Calwer Tagblatt am 12. Juli 1924 über eine schließlich erfolgreiche Initiative: "Nachdem der Radsport in der Oberamtsstadt Calw lange Zeit stillgelegen hatte und beinahe in den kleinsten Ortschaften Radfahrervereine bestehen, sahen sich vier junge Leute von hier veranlasst, zur Gründung eines solchen aufzurufen.“

Wer mehr über die Radlerbewegung der 1920er-Jahre in der Gegend – oder gar in den Templergemeinden Palästinas – und ihre Zeit erfahren möchte, darf auf den Abdruck einer ausführlichen Betrachtung mit vielen Informationen, Episoden und Bildern im historischen Jahrbuch "Einst & Heute" des Kreisgeschichtsvereins Calw gegen Ende des Jahres gespannt sein.