SPD-Bundestagsabgeordnete macht sich im Haus Nagoldtal ein Bild von den Abläufen / Über Anbau informiert

Von Annette Selter-Gehring

Calw-Hirsau. "Sie macht das ganz wunderbar. Ich würde sie sofort hierbehalten", urteilte die stellvertretende Pflegedienstleiterin des Senioren- und Pflegeheims Haus Nagoldtal in Hirsau, Bärbel Mähler, über ihre Praktikantin, die SPD-Bundestagsabgeordnete Saskia Esken.

Dienstantritt war für die Politikerin um 6 Uhr am Morgen. Gemeinsam mit Krankenschwester Bärbel Mähler machte sie sich auf, die Bewohnerinnen und Bewohner des Pflegeheims zu wecken und lernte dabei Langschläfer und Frühaufsteher kennen. Danach ging es an die Morgentoilette, zum Duschen und Anziehen.

Auch bei der Wundversorgung zeigte Esken, die aus ihrem privaten Umfeld Erfahrung mit Pflegebedürftigen hat, keine Berührungsängste. Sie packte mit an, scheute keine Aufgabe und verrichtete alle pflegerischen Dienste mit Einfühlungsvermögen sowie offener Herzlichkeit. Beim Frühstück war Esken den Bewohnern lediglich als neue Praktikantin vorgestellt worden.

"Das hätte zu viel Unruhe gegeben, wenn wir sie als Bundestagsabgeordnete präsentiert hätten", erklärte Mähler. So war es für die Bewohner eine ganz normale Situation, und "über ein neues Gesicht freuen sich alle", so Mähler.

Im Gespräch mit Heimleiter Guido Richert und der Eigentümerin des Pflegeheims, Alexandra Hünseler, betonte der Heimleiter, dass er den Einsatz Eskens sehr begrüße: "Durch solche Aktionen können wir für mehr Verständnis werben." Auch wenn sie in ihrer politischen Arbeit in Berlin nicht direkt am Thema Pflege arbeite, müsse sie doch alle Entscheidungen mit tragen.

"Es ist schön und gut, in der Theorie über etwas zu reden, aber der Alltag sieht meist anders aus. Ich will wissen, was Sache ist", sagte Esken. Hünseler verwies auf den gestiegenen zeitlichen Aufwand für Schreibarbeiten in der Pflege. "Eine vereinfachte Dokumentation wäre hilfreich, um mehr Zeit für die eigentliche Pflege zu haben", so Hünseler.

Gesetzliche Neuregelungen und Anforderungen sollten in der Praxis kostenneutral umgesetzt werden, was letztlich auf dem Rücken des Personals abgeladen werde, meinte Richert zum Problem, Fachkräfte zu finden.

Bevor Praktikantin Esken in der eigens für diesen Tag mit ihrem Namen versehenen Mitarbeiterkleidung wieder an die Arbeit ging, gab Inhaberin Alexandra Hünseler der Politikerin einen kurzen Überblick über die aktuellen Um- und Neubauarbeiten im Haus Nagoldtal. Nachdem bereits 2009 rund 1,2 Millionen Euro in Erweiterung und Modernisierung geflossen waren, wird nun für weitere mehr als zwei Millionen Euro der Standard weiter verbessert. Wenn der Um- und Neubau am 30. November eingeweiht wird, stehen für 49 Bewohner Betten, vornehmlich in Einzelzimmern mit eigener Nasszelle, zur Verfügung.

Bevor der Arbeitstag für die Praktikantin nach dem Mittagessen zu Ende ging, lernte sie in kurzen Begegnungen und längeren Gesprächen viele der Bewohner und ihre Lebensgeschichten kennen. So die 82-jährige Christa Reutlinger, die in Danzig geboren wurde, 1948 nach Neuweiler kam, hier heimisch wurde und eine Familie gründete. Weil sie sich nicht mehr selbst versorgen konnte, zog sie vor zwei Jahren ins Haus Nagoldtal. Gemeinsam mit Esken las sie die Tageszeitung und unterhielt sich mit ihr über ihre bevorzugte Lektüre: Liebesromane.