Cacau ärgert sich. Foto: Baumann

Für VfB-Stürmer Cacau ist eines der größten Probleme bei den Roten der mangelnde Teamgeist.

Stuttgart - VfB-Stürmer Cacau hat im Fußball schon viel erlebt. Jetzt schwebt er mit den Roten in Abstiegsgefahr. Er warnt vor egoistischen Tendenzen im Team.

Guten Tag, Cacau. Wie war die Nacht nach dem 0:2 beim VfL Wolfsburg. Konnten Sie abschalten?

Ja, schon. Es war ja eine lange Reise. Da hatte ich genügend Zeit, um alles zu verarbeiten. Zu Hause haben meine Frau und die Kinder auf mich gewartet. Das tut mir gut, da bekomme ich den Kopf wieder frei.

Am nächsten Morgen schauen Sie in den Spiegel. Welche Gedanken schießen Ihnen dabei durch den Kopf?

(Lacht) . . . dass ich ganz gut aussehe. Nein, ich weiß schon, worauf Sie anspielen . . .

. . . sind Sie ein Grübler?

Nein, so würde ich das nicht sagen. Aber ich mache mir natürlich meine Gedanken.

Und wo fangen Sie dabei an?

Immer bei mir. Wenn ich etwas ändern will, muss ich zuerst mich selbst hinterfragen.

In Wolfsburg wirkten Sie verkrampft. Kann es sein, dass Sie zu viel nachdenken?

Das glaube ich nicht. Aber es stimmt schon, man muss aufpassen, dass dabei die innere Balance nicht verloren geht. Ein Einzelner kann nicht für alles die Verantwortung übernehmen, was während des Spiels passiert.

Stehen Sie manchmal nicht staunend vor sich selbst? Im Frühjahr lief noch alles wie am Schnürchen, jetzt wirken Sie so, als wäre Ihr Spiel ein permanenter Kampf mit sich selbst.

Gegen Wolfsburg war ich die einzige Sturmspitze. Da musst du auf die Bälle warten. Und wenn es dann nicht so gut läuft, wird man natürlich ungeduldig und möchte irgendwas probieren. Aber das ist kein Dauerzustand. Man muss solche Negativerlebnisse auch ausblenden können, um sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. 

"Der Fußball ist ein Spiegel unserer Gesellschaft"

Können Sie das denn zurzeit? Als Sie Simon Kjaer im Strafraum an die Hand geschossen hatten und der Schiri keinen Elfmeter gab, waren Sie minutenlang regelrecht von der Rolle.

(Lächelt) Das hatte andere Gründe. Das war ja nicht das erste Mal, dass der VfB benachteiligt wurde. Das war ein klares Handspiel. Und offenbar ist es in der Bundesliga so, dass man nur gehört wird, wenn man sich auch laut zu Wort meldet. Deshalb werde ich das auch in Zukunft beibehalten.

In Wolfsburg vermittelte das Team den Eindruck, dass die meisten Spieler nach wie vor mit sich selbst beschäftigt sind. Sie meckern sich gegenseitig an, helfen sich aber nicht gegenseitig. Täuscht das?

Das ist einer der Punkte, die wir verbessern müssen. Wir haben nur als Mannschaft Erfolg, mit Egoismus kommen wir nicht weiter. Wir sprechen intern darüber und arbeiten daran. Aber das ändert man nicht von heute auf morgen.

Mit anderen Worten: Der Teamgeist der vergangenen Saison ist weg. Was ist passiert?

Das ist schwer zu sagen. Den Teamgeist über einen längeren Zeitraum zu bewahren ist eine Kunst. Das gelingt eigentlich nie.

Es gibt aber positive Beispiele.

Nennen Sie bitte welche.

Teams mit jungen und auf den Erfolg hungrigen Spielern tun sich leichter als Teams mit satten und verwöhnten Profis. Nehmen Sie Borussia Dortmund oder Mainz 05.

Es muss eben alles zusammenpassen. Es gibt sehr viele Einflüsse von außen auf die Spieler, die Menschen haben sich verändert, das Freizeitverhalten auch. Der Fußball ist ein Spiegel unserer Gesellschaft - und die wird immer komplizierter.

Wie lange dauert es, bis der VfB wieder ins Laufen kommt?

Die Zeit drängt. Uns steht das Wasser bis zum Hals. Uns erwarten in den nächsten Wochen viele schwere Aufgaben. Ich hoffe, dass wir bis Weihnachten wieder optimistisch nach vorn blicken können.