Verwildert, verwuchert und verwachsen sehen die nutzungsfreien Altholzinseln im Burladinger Stadtwald – hier bei Hermannsdorf – aus. Nicht nur Burladinger, auch Touristen schätzen sie als Inseln der Ruhe. Foto: Wölfel Foto: Schwarzwälder-Bote

Waldesrauschen: Burladingen hat rund 120 Hektar Altholzinseln / Naturschutz und Tourismus Hand in Hand

Von Erika Rapthel-Kieser

Burladingen. Kaum etwas steckt so voller Leben, wie totes Holz. Viele kleine Insekten, Hornissen, Fledermäuse und Pilze brauchen vor allem eins: Dass der Mensch nicht ordnend eingreift und aufräumt, sondern der Natur ihren Lauf lässt.

Auch die Stadt Burladingen gönnt ihrem Stadtwald solche Biotope. Von den insgesamt über 4500 Hektar Wald sind immerhin 120 Hektar sogenannte "Altholzinseln". Nutzungsfrei – wie der Fachmann sagt.

Diese nutzungsfreien Flächen sind wichtig für den Naturschutz. Darüber hinaus ermöglicht die baden-württembergische Ökokontoverordnung dass einer Gemeinde für Altholzinseln in ihrem Wald ab einem Hektar Größe Ökopunkte gutgeschrieben und diese beispielsweise als ökologischer Ausgleich für Flächenverbrauch in Baugebieten eingesetzt werden.

In Altholzinseln muss es sehr alte Bäume, sogenannte Methusalems, und Totholz geben, das auf dem Waldboden vermodert, aber auch sogenannte Biotop-Bäume. Also solche mit Stammverletzungen, Rissen, Spalten, Kronenbruch, Pilzbefall oder Stammfäule, Bäume, die aus einem bewirtschafteten Forst längst herausgeholt worden wären. 2007 entschied sich der Burladinger Gemeinderat zusammen mit seinen Forst-Experten, welche Flächen im Stadtwald als Altholzinseln geeignet sind und wies dementsprechende Refugien aus. Das kleinste hat einen halben, das größte sogar sieben Hektar. Kriterien für die Auswahl waren auch, dass Höhlen- und Horstbäume für Vögel wie den Schwarzspecht, die Hohltaube, den Rauhfußkauz und den Milan darin zu finden sind. Im Gewann Küche bei Hermannsdorf gibt es einige solcher Altholzinseln und Revierleiter Wolfram Schmid kennt sich darin aus, wie in seiner Westentasche. Voller Stolz zeigt er beim Waldbegang zusammen mit einigen interessierten Bürgern in die Höhe, weist auf die Löcher im Stamm unterhalb der Baumkronen und mahnt zur Ruhe.

Und tatsächlich: der Schwarzspecht zeigt sich und verhilft der Besuchergruppe zum Aha-Erlebnis. Dass es in diesem Revier auch alte Sandlöcher gibt, die von unseren Vorfahren durch Abbau von Dolomitsand gegraben worden sind, mag ein zusätzlicher Anziehungspunkt für manchen Wanderer oder Touristen sein. Aber: Wer durch solche Altholzinseln wandert und sich niederlässt muss wissen, dass er sich nicht auf einem bewirtschafteten Waldweg befindet für den gewisse Regeln gelten.

"Die Verkehrssicherungspflicht ist aufgehoben", erläutert Forstdirektor Hermann Schmidt den Burladingern bei diesem Waldbegang. Er erinnert an die vielen Biotop-Bäume, um die sich eben niemand kümmert wenn sie absterben, deren Äste auf halbem Wege herabhängen und jederzeit herunterfallen können. Und was am Boden angekommen ist, bleibt da liegen, ordentliche Waldwege gibt es also nicht.

Aber gerade das, der Hauch von Urwald und Unberührtheit macht für viele Naturfreunde den Reiz solcher Waldstücke aus. Sie wurden also nicht nur ob der Ökopunkte als Altholzinseln ausgewiesen, sondern, so umreißt es Forstdirektor Hermann Schmidt, weil solche Waldrefugien zu den "weichen Werten" gehören, die eine Stadt vorweisen kann.

Will sagen: Für die Naherholung sind es wichtige Gebiete, denn Einheimische und Touristen können in solchen Altholzinseln auch Ruhe finden und mit etwas Glück Tiere beobachten, die man sonst kaum noch zu Gesicht bekommt.

u Waldesrauschen heißt unsere Serie, die sich mit dem Wald rund um Burladingen und seine Nachbargemeinden befasst: Der Wald auf der Albhochfläche und in den Tälern liefert Brennholz und Rohstoff, ist Naherholungsgebiet, hier treffen sich Wanderer, Reiter, Jäger, Radfahrer und Waldarbeiter. Der Forst ist Naturrefugium für zahlreiche Tiere, er leidet unter dem Klimawandel und ist prägend für unser Landschaftsbild.

In einer losen Folge von Artikeln spüren wir einigen Aspekten rund um den Wald nach. Heute geht es um die Altholzinseln.