Martin Rosemann, SPDBundestagsabgeordneter, hat einen offenen Brief an Harry Ebert verfasst. Foto: sb

SPD-Abgeordneter Martin Rosemann wendet sich in offenem Brief an Bürgermeister und fordert Begründungen.

Burladingen/Berlin - Der SPD-Bundestagsabgeordnete für den Wahlkreis Tübingen-Hechingen hat sich in einem offenen Brief an Burladingens Bürgermeister Harry Ebert gewandt. Darin kritisiert Rosemann Ebert für seine Äußerungen über Geflüchtete im Burladinger Amtsblatt.

Rosemann schlägt Ebert in seinem Schreiben vor, gemeinsam eine Flüchtlingsunterkunft im Zollernalbkreis – "gerne auch das erwähnte 'Vollpensions-Internat' in Hechingen" – zu besuchen und direkt mit den Menschen dort zu sprechen.

Rosemann schreibt in seinem vierseitigen Brief an Ebert, dass er allen Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern in seinem Wahlkreis angeboten habe, sich über die Herausforderungen der aktuellen Flüchtlingslage auszutauschen. Ebert habe sein Gesprächsangebot nicht angenommen und sich stattdessen "zur Flüchtlingspolitik der Bundesregierung, die man selbstverständlich mit gutem Recht kritisieren kann", zunächst auf Facebook und schließlich im Amtsblatt geäußert.

Rosemann schreibt: "Man konnte dabei den Eindruck gewinnen, Ihnen gehe es nicht um pragmatische Lösungen in einer schwierigen Lage, sondern Ihren persönlichen Unmut gegen die Aufnahme von und gegen die Flüchtlinge selbst zu artikulieren."

Rosemann habe nichts dagegen, dass sich der Bürgermeister mit gewählten Landtagsabgeordneten über politische Fragen austausche. Problematisch findet er aber "die zur Schau gestellte Einigkeit, Ihre völlig kritiklose Haltung gegenüber einer Partei, deren Spektrum vom rechtskonservativen bis weit in den rechtsradikalen Bereich hineinreicht."

Rosemann äußert sich auch zu der viel kritisierten Aussage Eberts, es sei "ein Unding, dass in Hechingen ein Internat mit Vollpension für minderjährige Asylbewerber geschaffen worden sei, während viele Menschen im Zollernalbkreis ihren Kindern das Schulmittagessen nicht bezahlen könnten oder auf Tafelläden angewiesen seien."

"Warum", möchte Rosemann von Ebert wissen, "machen Sie für bestehende Armut im Land die moralisch in jeder Hinsicht gebotene Unterstützung für minderjährige Flüchtlinge verantwortlich? Kinder und Jugendliche, die vor Krieg und Terror geflohen sind, haben Dinge erlebt und gesehen, die für jeden von uns völlig unvorstellbar sind."

Rosemann: Zynismus in Eberts Aussage ist "unerträglich"

Auch diese Kinder haben ein Recht auf ihre Kindheit. Der Zynismus, der in Ihren Worten vom ›Internat mit Vollpension‹ mitschwingt, ist unerträglich angesichts des Leids, dass diese Kinder erleben mussten."

Erste Zweifel an Eberts "Geschichtsbewusstsein", so schreibt Rosemann, seien ihm gekommen, nachdem der Bürgermeister zu Nazi-Schmierereien im Ort "konsequent geschwiegen" habe.

Unterschiedliche Meinungen zu vertreten, sei der Kern der Demokratie, so der SPD-Abgeordnete. "Hass und Missgunst, wie sie die AfD schürt, Verschwörungstheorien und das Gegeneinander-Ausspielen unterschiedlicher Gruppen in der Gesellschaft", seien eine Bedrohung für die Demokratie.

Rosemann gehe davon aus, dass Burladingen eine weltoffene Stadt sei, in der verfolgten Menschen Aufnahme und Schutz gewährt würden. "Vielleicht gibt es ja auch Wege, dass Sie, sehr geehrter Herr Bürgermeister Ebert, in geflüchteten Menschen nicht nur eine kulturfremde Gefahr für das Land sehen, sondern zunächst einmal Menschen, die ihr nacktes Leben retten wollen und deswegen ihre Heimat verlassen haben."