Der Burladinger Kindergarten St. Fidelis wurde bis auf die Grundmauern zerstört. Foto: Pfister

Haupttäter muss fünfeinhalb Jahre ins Gefängnis. Vorsitzender lobt Ermittlungsbehörden.

Burladingen/Hechingen - Der Burladinger Kindergarten St. Fidelis ist bis auf die Grundmauern zerstört. Die Lebensperspektive der drei jungen Angeklagten wollte die Schwurgerichtskammer aber nicht auch noch in Schutt und Asche legen: Sie sprach milde Haftstrafen und einmal sogar Bewährung aus.

Wegen fahrlässiger Brandstiftung, schweren Bandendiebstahls, Einbruch und Sachbeschädigungen wurde der 27-jährige Riccardo B. zu fünfeinhalb Jahren Haft verurteilt, sein Freund und Mittäter, der 24 Jahre alte Mik J., zu vier Jahren und zwei Monaten. Die 39-Jährige Mitangeklagte Tanja R., die jeweils einen Teil der Beute bekommen und das Fahrzeug gefahren hatte, hielt das Gericht zwar auch des schweren Bandendiebstahls für schuldig, ihre zwei Jahre Haft wurden allerdings zur Bewährung ausgesetzt. Die Bewährungszeit beträgt drei Jahre. Sie muss sich einer Therapie unterziehen, soziale Arbeitsstunden ableisten und eng mit der Bewährungshilfe kooperieren. Bei allen drei Verurteilten ist das Gericht damit am alleruntersten Ende des Strafmaßes geblieben.

Das "Juristenchinesisch" wollte der Vorsitzende Richter und Vizepräsident des Landgerichts, Hannes Beucker, allen drei Angeklagten und wohl auch den zahlreich im Gerichtssaal anwesenden Familienangehörigen und Freunden der Täter ersparen. Er wandte sich in seiner mündlichen Urteilsbegründung am vierten Verhandlungstag mit einfachen, aber sehr eindringlichen Worten an die drei. "Mir ist wichtig, dass Sie verstehen, was wir mit dem Urteil wollen", erklärte er. "Sie sollen eine Perspektive erhalten, jeder auf seine Art."

Eltern, Kinder und Erzieher "massiv verunsichert"

Die Einbruchserie in Kindergärten und Schulen habe, so Beucker, bei Eltern, Erziehern und Kindern und bei der Bevölkerung "massive Verunsicherung" zur Folge gehabt. Den 13.000 Euro an Beute stünden 67.000 Euro Sachschaden, die annähernd eine Million Euro des abgebrannten Kindergartens nicht eingerechnet, gegenüber.

"Leider hat der erste Einbruch gut geklappt", kommentierte der Vorsitzende den Beginn der Einbruchserie: das Eindringen und den Diebstahl in einer Spielhalle, in der alle drei beschäftigt waren. Dieser vermeintliche Erfolg und die Geldsorgen hätten aber zur "schlimmsten Fehlentscheidung ihres Lebens geführt", sprach er die Verurteilten direkt an. Nämlich die, sich "wie mit einer kleinen Firma" als Bande und zu dritt  durch Einbrüche in Schulen und Kindergärten "einen kleinen Nebenverdienst zu verschaffen". Diese Einrichtungen seien nicht besonders gesichert, es gäbe keine Wachhunde und es sei auch keine Störung durch Bewohner zu erwarten.

Unverständlich sei der Kammer, das alle drei dann noch weiter gemacht hätten, als der Kindergarten in Flammen aufgegangen war. Breucker verglich diese Zeit der finanziellen Not, der Einbrüche mit einem "Tunnel", in dem die drei sich befanden, in dem sie nicht nach rechts und links geschaut hätten. Ab dem Zeitpunkt ihrer Ergreifung hätten sie dann aber "wieder alles richtig gemacht". Die rückhaltlosen Geständnisse, die offensichtliche Reue und auch der sehr persönliche Brief, den der 27-Jährige Brandstifter an das Kindergartenteam und die Eltern aus der Haft geschrieben hat, habe laut Breucker das Gericht beeindruckt und die Strafe gemildert. Die jungen Männer ermahnte er, die Chance zu nutzen, sich gut zu führen und im Gefängnis einen Beruf zu erlernen.

Die Perspektive beider beurteilten die zwei Laien und zwei Berufsrichter als gut. Auch der forensische Psychiater und Gutachter, der seine Einschätzung der Angeklagten Tanja R. und Riccardo B. vorgetragen hatte, hatte sich positiv geäußert. "Wir trauen Ihnen das zu, aber es ist ein Vertrauensvorschuss, den die Kammer, den wir alle ihnen hier geben", so Breucker. "Es ist jetzt an Ihnen, Sie sind jetzt am Zug, Sie haben es in der Hand, Ihr Leben wieder aufs richtige Gleis zu stellen", ermahnte er die drei.

Ausdrücklich lobte Breucker die Arbeit der Ermittlungsbehörden, des zuständigen Polizeihauptkommisars Heiner, seiner Kollegen und die des Staatsanwaltes Markus Engel. Den Ermittlern sei es mit "maximalem Einsatz und modernsten Mitteln der Technik" gelungen, die Täter zu fassen und das Sicherheitsgefühl in der Bevölkerung wider her zu stellen.

Die Angeklagten verzichteten alle drei gleich nach dem Urteil auf Rechtsmittel. Der 39-jährigen Tanja R., die während der Plädoyers geweint hatte, wurden noch im Gerichtsaal die Fußfesseln abgenommen, sie konnte mit ihrer Mutter und ihrem Stiefvater nach Hause gehen. Der Staatsanwalt hält sich in ihrem Fall das Einlegen von Rechtsmitteln aber offen. Denn für sie hatte er eine Haftstrafe ohne Bewährung beantragt.