Bei der Ortschaftsratssitzung in Starzeln mussten die Bürger weitestgehend draußenbleiben. Foto: Rapthel-Kieser Foto: Schwarzwälder-Bote

Der neue Stil im Starzelner Rathaus verwundert die Bürger / Gemeindeordnung außen vor

Von Erika Rapthel-Kieser

Burladingen-Starzeln. Die Diskussion fand vor dem Rathaus statt. Dort echauffierten sich Starzelner Bürger über die Ortschaftsratsitzung – denn die war ohne Diskussion über die Bühne gegangen. "Wir waren perplex, dass die alles nichtöffentlich beraten haben", sagte ein Zuhörer verärgert.

Sämtliche Tagesordnungspunkte, von der Geschwindigkeitsmessanlage im Ortskern an der B 32 über die Ausnahmeregelung für Dächer im Baugebiet Kirchsteige bis hin zur Defibrillator-Benutzung: Über alles hatte Starzelns Ortsvorsteher Berthold Krieg zuvor in einer einstündigen Sitzung hinter verschlossenen Türen mit seinen sieben Ortschaftsräten verhandelt.

Als die Öffentlichkeit gegen 20.30 Uhr zugelassen war und Platz genommen hatte, verlas Krieg die Tagesordnungspunkte und gab bekannt, worauf die Räte sich geeinigt hatten. "Das ist im Großen und Ganzen, was wir vorher geschwätzt haben", beschied er den Zuhörern und freute sich, dass die öffentliche Sitzung um so viel kürzer war als die nichtöffentliche.

Einen Tagesordnungspunkt, die Ehrungen, zu denen das ehemalige Ratsmitglied Hans-Martin Schlude eingeladen war, konnte Krieg gar ganz überspringen. Schlude war nicht erschienen, hatte auch auf das Anschreiben seines Ortsvorstehers nicht reagiert.

Nach der Bürgerfragestunde in der es um Rasengräber, Räumdienste und den Jugendraum ging, an dem die Jugendlichen kein Interesse haben, wurden die Zuhörer wieder herausgebeten. "Die Ortschaftsräte brauche ich noch", erklärte Krieg und ließ vermuten, dass er wohl nichtöffentlich wieder in die Tagesordnung einstieg.

Der neue geheimniskrämerische Stil ist ungewöhnlich

"Das gab es noch nicht", kommentierte eine Bürgerin in der diskutierenden Gruppe vor dem Rathaus. Der neue geheimniskrämerische Stil ist ungewöhnlich und auch nicht ganz im Einklang mit der Gemeindeordnung. "Nichtöffentlich darf nur verhandelt werden, wenn es das öffentliche Wohl oder berechtigte Interessen Einzelner erfordern", heißt es dort im Paragraf 35. Und eine Informationsschrift des Gemeindetages Baden-Württemberg erläutert: "Der Grundsatz der Öffentlichkeit der Verhandlungen entspricht der demokratischen Staatsform; die Bevölkerung soll damit Gelegenheit haben, die Arbeit des Gemeinderats zu beobachten." Tatsächlich sollen interessierte Bürger auch verfolgen können, wer der von ihnen gewählten Ortsvertretern welche Meinung vertritt, wie er sie begründet und mit wie vielen Stimmen oder Gegenstimmen die Entscheidungen zustande kommen.

Dass eine ganze Tagesordnung "zum Wohl der Öffentlichkeit" oder "im Interesse Einzelner" hinter verschlossenen Türen abgehandelt wird, dürfte in Burladingen ein Novum sein. Auch, dass nichtöffentliche Sitzungen vor der öffentlichen anberaumt werden. Um bürgerfreundlich zu sein, handhaben es andere Ortsvorsteher genau umgekehrt.