Das Projekt Burladinger Ärztehaus in geplatzt. Foto: Rapthel-Kieser

BeneVit zieht sich wegen Bürgermeister Harry Ebert zurück. Imageschaden befürchtet. Mit Kommentar

Burladingen - Das Projekt Burladinger Ärztehaus ist geplatzt. Das hat BeneVit-Chef Kaspar Pfister in einer Pressemitteilung am Mittwoch bekannt gegeben. Das Verhältnis zwischen ihm und Bürgermeister Harry Ebert ist zerrüttet.

Da Bürgermeister Harry Ebert nicht bereit war, sich repräsentativ und planerisch aus dem Projekt zurückzuziehen, wie es der Gemeinderat in einem Ultimatum gefordert hatte, zog der Millioneninvestor jetzt die Reißleine. Pfister will nicht mit dem rechtspopulistischen, immer wieder verbal entgleisenden Rathauschef in Verbindung gebracht werden. Er macht jetzt unzweideutig klar, dass er, solange Ebert im Amt ist, kein Projekt in Burladingen realisieren wird. Eine Ausstiegsklausel im Vertrag, den Kaspar Pfister und Harry Ebert im Januar 2016 beim Notar unterschrieben haben, scheint diesen Rückzug problemlos zu ermöglichen.

Harry Ebert schweigt weiterhin gegenüber der Öffentlichkeit

Von Harry Ebert selber war zur aktuellen Entwicklung trotz schriftlicher Presseanfrage bis Redaktionsschluss – wie seit Wochen – kein Statement zu erhalten. In einer E-Mail soll Ebert aber den Beirat zum Projekt Ärztehaus, in dem er selber, der Erste Beigeordnete Berthold Wiesner und derzeit die Gemeinderäte Dörte Conradi, Alexander Schülzle, Rosi Steinberg und Klaus Ritt Mitglied waren, aufgelöst haben. Conradi und Schülzle hatten bis zuletzt den Kontakt zu Pfister offen gehalten und versucht, das Ärztehaus zu retten. Der Stadtchef hatte wohl bis zuletzt darauf gesetzt, dass die BeneVit-Gruppe sich nicht mehr zurückziehen würde.

Imageschaden durch Eberts Äußerungen zu Flüchtlingen befürchtet

BeneVit und ihr Chef Kaspar Pfister werteten einen möglichen Imageschaden aber wohl als das größere Problem. Sie wollten offensichtlich, wie der Volksmund sagt, gutes Geld dem schlechten nicht hinterherwerfen und begründen dies in der Pressemitteilung folgendermaßen: "Nach den Äußerungen des Bürgermeisters zur Flüchtlings- und Asylthematik musste BeneVit befürchten, dass ein regionaler, nationaler und internationaler Imageschaden für die BeneVit-Gruppe entsteht, das Unternehmen stoppte deshalb den im März vorgesehenen Spatenstich.

Eine Abklärung mit den Bürgermeistern der BeneVit-Standorte und Geschäftspartnern bestätigte diese Befürchtung. Gleichzeitig erfolgten auch entsprechende Aktionen gegen BeneVit über Internet, Social Networks und Mails. Das Projekt ist für die Infrastruktur von Burladingen enorm wichtig und BeneVit hat bis dato bereits über 300 000 Euro für Planung, Gutachten und so weiter ausgegeben. Insofern signalisierte der BeneVit-Geschäftsführer Kaspar Pfister, auch auf intensive Intervention des Gemeinderats hin, die vorgesehene Beendigung des Projektes zu überdenken, wenn vom Bürgermeister ein klares Signal kommt, das sicherstellt, dass BeneVit mit diesem Projekt nicht in eine ausländerfeindliche Verbindung gebracht werden kann. Dieses Signal erhoffte sich BeneVit in der Gemeinderatssitzung im Februar dieses Jahres leider vergebens."

Diese Sitzung hatte Ebert zur nicht öffentlichen erklärt. Die Fraktionen hatten ihm aber hinter verschlossener Tür ein Ultimatum gestellt und es am darauf folgenden Tag in einer Pressemitteilung formuliert. Das Ultimatum war bereits Ende März ausgelaufen, Pfister und Ebert standen in Kontakt und die ganze Stadt wartete gespannt darauf, was passieren würde. Über die Zusammenarbeit mit den Städten seiner Standorte im Allgemeinen und Burladingen im Besonderen sagt Pfister in der Pressemitteilung: "Alle von BeneVit realisierten Projekte erfolgten in enger vertrauensvoller Kooperation und Zusammenarbeit mit Bürgermeister und Gemeinderat der jeweiligen Standortkommune. Dies wurde von BeneVit von Beginn an als Grundvoraussetzung auch in Burladingen mehrfach und deutlich benannt.

Vorwurf: Verbindung zu Rechtspopulismus ist nicht auszuschließen

BeneVit ist im Bewusstsein um der Wichtigkeit dieses Projektes für die Bevölkerung und die kommunale Infrastruktur in Burladingen bereit, hiervon Abstriche zu machen." Solange sich aber die Stadt Burladingen einem Mindestmaß an professioneller Zusammenarbeit verweigere, ein Mindestmaß an Respekt vermissen lasse, den BeneVit Geschäftsführer vielmehr attackiere und durch die Realisierung eine Verbindung zu rechtspopulistischen Positionen und Ansichten nicht deutlich ausgeschlossen werden könne, werde BeneVit das Ärztehaus nicht realisieren.

Kommentar: Geisterfahrer

Von Erika Rapthel-Kieser

Was viele befürchtet haben, ist jetzt eingetroffen: Harry Ebert hat gepokert – und verloren. Das für die Innenstadt wichtigste Projekt der vergangenen Jahrzehnte wird es nicht geben, solange er Bürgermeister ist. Der Rathauschef hätte längst umschwenken und sich aus dem Projekt zurückziehen müssen. Er hätte Einsicht zeigen und endlich die Interessen der Stadt über seinen Stolz und seine Meinung zur Flüchtlingspolitik stellen müssen. Dass er dies tun wird, darauf lassen weder sein ungehobelter Kommunikationsstil gegenüber dem Millioneninvestor, noch sein Umgang mit den Gemeinderäten hoffen. Die haben sich bis zur letzten Sekunde intensiv um die Rettung des Ärztehauses bemüht. Harry Ebert erinnert an jenen radiohörenden Autobahnbenutzer der nach der Durchsage durch die Windschutzscheibe blickt und sagt: »Ein Geisterfahrer? Nein, Hunderte!«