Natur: Mit Revierförster Thomas Stocker den Eigenheimen der Vögel auf der Spur

Von Erika Rapthel-Kieser

Die einen bevorzugen Moos und Haare für ihr Interieur, die anderen nehmen lieber Baumrinde: Beim Nistkastenmonitoring im Tannenwald erläuterte Thomas Stocker die Vorlieben der gefiederten Waldbewohner.

Burladingen. Immer im Herbst und im Frühjahr – den Kontrollgang durch den Tannenwald bei Hermannsdorf macht Revierförster Thomas Stocker zweimal im Jahr. Rund 50 Nistkästen hat er da hängen, und pingelig trägt er in einer Tabelle ein, ob und was er da vorfindet. Leere Nistkästen, Eier, brütende Eltern, Siebenschläfer, Wespen oder – auch das kommt vor– tote Jungvögel.

Das Frühjahr war um einiges zu kalt und zu nass für die Vögel

Ein paar Naturinteressierte begleiten den Revierförster jeweils, beobachten mit ihm die geflügelten Kastenbewohner und stellen Fragen. Schnell stellt sich raus: das Frühjahr war viel zu nass und zu kalt. Was das Eierlegen, Brüten und die Aufzucht der Jungen angeht ist sind viele Vogeleltern also etwas hinterher.

Und nicht nur das: Die Nässe kann für die Jungen auch lebensgefährlich sein, wenn sie beim Füttern von den Eltern mit ins Nest getragen wird. Denn dann schwankt die Temperatur im Nistkasten und gefährdet die junge Brut.

An dem, aus was die Nester im Inneren der Nistkästen gebaut sind, erkennt Stocker, um welche Vogelart es sich handelt. "Moos und Haare, das ist typisch für Meisen-Nester", weiß der Revierförster. In so manchem Nistkasten sitzt der Vogel noch auf den Eiern, wenn Stocker die Vorderfront öffnet um reinzuschauen.

Für die jüngsten der Mitwanderer auf der Nistkastenkontroll-Tour ist das aufregend – so wie für die elfjährige Leah und die zehnjährige Angelina. Sie sind zum ersten Mal mit dabei, begleitet von ihren Vätern. "Schaut mal da, diese Meise hat einen Wurm im Schnabel", weißt Stocker die kleinen Gäste auf eine emsige Vogelmutter auf einem Ast hin. Die wartet nur darauf, dass die großen Störer sich schleichen und sie ungestört den Heimflug wagen kann. Bei der Kontrolle war sie wenige Sekunden zuvor flatternd aus dem Nest geflüchtet, hat dann aber den zwangsweisen Ausflug wohl gleich zur Futtersuche genutzt.

Im nächsten Nest finden Stocker und seine jungen Helfer fünf tote Jungvögel. "Das ist traurig", sagt Stocker, "aber es kann passieren". Etwa wenn die Eltern einem größeren Raubvogel zum Opfer fallen und nicht mehr zum Nest zurückkehren. Die Brut kann dann nicht überleben.

"Wenn es nur einen der beiden fütternden Eltern trifft, dann hat der andere richtig Stress – so als Alleinerziehender", veranschaulicht der Revierförster. Dann ist es doppelt schwierig, die Jungen mit genügend Nachschub zu versorgen und sehr wahrscheinlich, dass die Kleinsten und Schwächsten es nicht schaffen.

Die Tabellen, die Stocker und andere im Südwesten da so gewissenhaft ausfüllen, wurden bis vor einigen Jahren noch ans Regierungspräsidium geschickt, dort zusammengetragen und ausgewertet. Man erhoffte sich Erkenntnisse über Veränderungen durch den Klimawandel.

Das Erfassen und Auswerten in den Regierungsbezirken ist mittlerweile aber dem Rotstift zum Opfer gefallen. "Jetzt mache ich es so gut es geht selber, dann haben wir für diesen kleinen Bereich wenigstens den Überblick", sagt Stocker.