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Nach Amtsblattaffäre: Burladinger Stadtväter besuchen Wohnheim für junge Flüchtlinge

Gegen Vorurteile helfen nur persönliche Begegnungen. Der Burladinger Gemeinderat wird am 18. Januar das Wohnheim für junge unbegleitete Flüchtlinge in Hechingen besuchen. Jene Einrichtung, die Rathauschef Harry Ebert als "Internat mit Vollpension" bezeichnet hatte.

Burladingen/Hechingen. Mit seinen Äußerungen hatte Ebert eine landesweite, kontroverse Diskussion ausgelöst.

Kritik hatte er nicht nur vom Landrat Günther-Martin Pauli geerntet, der dem Stadtchef vorwarf, statt sich in den Bürgermeisterdienstversammlungen zu informieren, zu "schüren und zu stänkern". Auch die Fraktionsvorsitzenden hatten dazu über die Medien Stellung bezogen und Ebert in der darauffolgenden Sitzung des Gemeinderates dazu aufgefordert, persönliche Stellungnahmen im Amtsblatt künftig zu unterlassen. Sie setzten sich dafür ein, dass zumindest auf der Internetseite der Stadt Burladingen der umstrittene Absatz gestrichen wurde.

Dabei bleibt es jetzt aber nicht. Die Flüchtlingseinrichtung, die Ebert so negativ kommentiert und in Bezug zur Armut in Deutschland gesetzt hatte, wollen die Stadträte jetzt selber besuchen. Initiator des Besuchs ist der Freie-Wähler-Gemeinderat und Kreisjugendpfleger Alexander Schülzle. Sechzehn Zusagen hat er aus den Reihen des Gemeinderates für den Besuch bereits bekommen, er will aber auch die Stadtverwaltung, will den Bürgermeister und das Jugendparlament zu dem Termin einladen.

Unterkunft für Motivierte

"Ein kraftvolles Zeichen", nennt Martin Ludwig, Referatsleiter für Regelgruppen im Haus Nazareth diesen geplanten Besuch. Das Haus Nazareth hat die Betreuung der jungen Flüchtlinge übernommen, die Einrichtung gilt als ein Modellprojekt dreier Landkreise, in dem ausgesuchte männliche Jugendliche zwischen 15 und 18 Jahren untergebracht werden, die hoch motiviert sind und Ehrgeiz haben, zu lernen.

Bis zu 60 Jugendliche können hier im umgebauten Westflügel des ehemaligen Hechinger Krankenhauses untergebracht werden. Die ersten kamen Anfang Juli 2016, ein siebenköpfiges Betreuerteam kümmert sich um die Flüchtlinge.

Unterrichtet werden die Heranwachsenden in der Kaufmännischen Schule in einer sogenannten Vabo-Klasse, die die "Vorqualifizierung für Arbeit und Beruf für Jugendliche ohne Deutschkenntnisse" sicher stellen soll. Eine Lernstunde durch das Haus Nazareth ergänzt das Angebot.

Bei ihrem Besuch wollen sich die Burladinger Stadtväter nicht nur über die Einrichtung, die Betreuung und den Erfolg der Flüchtlingseinrichtung informieren, sie werden auch den jungen Flüchtlingen persönlich begegnen, ebenso die Mitglieder des Burladinger Jugendparlamentes.

Initiator Schülzle hat angeregt, dass die Burladinger Jugendlichen aus dem Schulverbund zusammen mit ihren Altersgenossen aus den Krisengebieten an einem Videoprojekt arbeiten könnten. Unter dem Titel "Meine Erlebnisse der letzten 15 Jahre" sollen die Jugendlichen über ihre eindringlichsten Erlebnisse, Begegnungen und Veränderungen in ihrem Leben berichten.

Das Kreismedienzentrum hat dazu bereits seine Unterstützung zugesagt, will mit Equipment und personellem Einsatz bei der Umsetzung der Idee helfen. Das Ergebnis soll als Kurzfilm zusammengeschnitten werden und könnte später sogar als Informationsmaterial oder Lehrfilm zum Beispiel in Schulklassen gezeigt werden.