Fanny Herter in ihrem Ringinger Dorfladen. Beide sind eine Institution im Ort. Foto: Rapthel-Kieser Foto: Schwarzwälder-Bote

Einzelhandel: Seit mehr als 60 Jahren in Ringingen ein Original / Generation von Kindern kaufen bei ihr "Schleck"

Burladingen-Ringingen. Sie ist ein Original, eine Institution in ihrem Dorf: die 84-jährige Fanny Herter, die in Burladingen-Ringingen seit mehr als 60 Jahren ihren Dorfladen betreibt. Generationen von Schülern haben ihr Taschengeld in ihrem Laden in "Schleck" angelegt und tun es noch.

Mit allen Kunden ist sie per Du, das Schwätzchen nach dem Einkauf ist obligatorisch, und was auf der Einkaufsliste ihrer Kunden steht, weiß Fanny Herter meist schon, wenn diese an der Ladentüre stehen. Die alte Waage steht auf der Theke, daneben die moderne Kasse. Brauchen würde Fanny Herter das Gerät eigentlich nicht: Sie gehört noch zur Generation derer, die im Kopfrechnen gut sind. Die Zahlen hat sie jahrelang auf das Einwickelpapier geschrieben und einfach zusammengezählt, als es noch Mark und Pfennig gab.

Die Hektik in den Discountern mit der großen Auswahl und den langen Schlangen an den Kassen ist vom Ringinger Laden weit weg. Herters Geschäft ist gut sortiert: Es gibt alles, was man im täglichen Leben so braucht.

So mancher kommt dorthin, wenn er beim wöchentlichen Einkauf auf der "grünen Wiese" etwas vergessen hat oder schnell noch etwas braucht, ohne gleich weit fahren zu wollen. Andere gehen einmal in der Woche ganz bewusst "zur Fanny", wie es in Ringingen heißt. Sie wollen dieses Stückchen Infrastruktur erhalten, das seit Jahrzehnten in Ringingen selbstverständlich ist. Viele ältere, ohne Auto und ohne den durchgetakteten Nahverkehr, sind froh, dass es den Dorfladen noch gibt.

Das Geschäft versprüht Nostalgie und jene Unaufgeregtheit, mit der es die Zeiten überdauert hat – so wie Fanny Herter selbst: In jungen Jahren, gleich nach dem Zweiten Weltkrieg, kam sie von Oberstetten bei Reutlingen nach Ringingen, heiratete, übernahm den Dorfladen und bekam Kinder. "Das war noch im alten Haus, an gleicher Stelle", erinnert sie sich.

Hinter dem Gebäude die Stallungen und die Landwirtschaft, die hat sie auch noch betrieben. "Ich hab noch nie jemand gebraucht und tu es heute noch nicht", sagt sie mit Stolz auf ihre ungebrochene Schaffenskraft und Selbstständigkeit. Ihre Kinder sind im Laden praktisch groß geworden, die Enkel kommen noch heute manchmal rein und holen sich ein süßes Stückle ab.

Im Jahre 1963 wurde in Ringingens Durchfahrtstraße Kerben, direkt gegenüber der Schule, das neue Haus gebaut. Wieder mit einem Laden, damals topmodern. Fanny Herter stand wieder hinter dem Ladentisch. Sie machte auch weiter, als ihr Mann vor 27 Jahren starb. Er war 61 Jahre alt. Aus den Plänen, was man tun wollte, wenn man gemeinsam in Rente gegangen wäre, wurde nichts.

"Auch die alten Kunden sterben der Mama weg – und neue kommen nicht nach. Die jungen Leute kaufen lieber woanders, da lohnt sich der Laden kaum", meint ihre Tochter. "Ich will auch bald aufhören", sagt Fanny Herter.

Doch das sagt sie seit Jahren. Und dann macht sie die Tür zu ihrem Geschäft doch jeden Morgen wieder auf und blickt mit strahlendem Lächeln ihre Kunden an.