Frisch genagt ist gut gevespert, Rinde ist des Bibers Winterfutter – oft die einzige die ihm in schneereichen Monaten bleibt. Foto: Rapthel-Kieser Foto: Schwarzwälder-Bote

Artenschutz: Biber sorgt vor Gauselfingen für eine Seenlandschaft / Experte gibt Entwarnung

Die Gauselfinger gelten als "feucht-fröhlich", weil sie unter anderem ihren eigenen Wein anbauen. Nun gibt es einen Grund mehr für die Wortkombination. Eine Biberfamilie hat weite Teile der Wiesenfläche am Ortseingang unter Wasser gesetzt und die Behörden auf den Plan gerufen.

Burladingen-Gauselfingen. Wegen des munter nagenden Neubürgers, der ganz nach dem schwäbischen Motto "Schaffe, schaffe, Häusle baue", seine Dämme samt Biberburg konstruiert und die Fehla gestaut hat, gibt es in den Niederungen vor der Wiesenstraße inzwischen eine kleine Seen- und Teichlandschaft. Wenn die zum "Semsakrebsler" wird, könnte der Keller eben bald nicht mehr so staubtrocken sein wie der Gauselfinger Wein, fürchteten die Anlieger und informierten den ehrenamtlichen Biberbeauftragten des Landkreises, Heinz-Dieter Wagner.

Der konnte Entwarnung geben: "Die Häuser sind nicht gefährdet." Vor allem, da Wagner bereits zusammen mit dem städtischen Bauhof einen Teil des Biberdammes abgesenkt und für etwas mehr Abfluss gesorgt hat. Das allerdings sollten Privatleute nie selber machen. An Biberdämmen zu manipulieren ist nicht erlaubt, es sollte immer nur in Abstimmung mit dem Landratsamt und den Fachleuten des Bibermanagements geschehen.

Das Wasser, so Wagner, verteile sich vor Gauselfingen zwar großzügig auf der flachen Wiese, habe sich aber mit einigem Abstand noch vor der Bebauungsgrenze wieder einen Ablauf zurück in die Fehla gesucht und eine nachhaltige Lösung werde erarbeitet. Im Falle eines Hochwassers wegen Starkregens seien derart saturierte Wiesenflächen sogar besser, denn sie könnten vielmehr Wasser aufnehmen und langsamer wieder abgeben, als knochentrockene Wiesen über die das Hochwasser schnell hinweg schießt.

Rinde ist Winternahrung für den Biber

Entlang der Fehla, davon konnte sich Wagner vor Ort überzeugen, war Familie Biber wirklich sehr aktiv. Da wurde in einem Sonnenblumenfeld ein wenig geplündert, einige Bäume umgenagt sowie ein Graben und unterirdische Gänge angelegt. "Rinde ist die Winternahrung für den vegetarischen Biber", erläutert Wagner. Wenn die Felder vom Raps, den Sonnenblumen oder anderem Nahrhaften abgeerntet sind, wenn die Kräuterwiesen unter dem Schnee liegen, kann der Biber sich oft nur noch von Baumrinde ernähren. Seinen Bau macht er bereits winterfest. Mit Laub und Schlamm sorgt der geschickte Konstrukteur dafür, dass die Löcher dicht sind, damit keine Zugluft und Kälte eindringt und der Nachwuchs es mollig warm hat.

Dass der größte europäische Nager wieder zurückgekehrt ist an die heimischen Flüsse und Bachläufe, die Ökologen freuen sich darüber. Wo der Biber am Werk ist, feiert die Artenvielfalt fröhlich Urständ, gibt es bald deutlich mehr Pflanzen und Tiere, Kleinstlebewesen und Fische und mit seinen scharfen Zähnen und Klauen sorgt der Baumeister mit den Schwimmhäuten für jene Renaturierung, für die die Behörden sonst tief in die Tasche greifen müssten. Denn dass vor Jahrzehnten viele Wasserläufe begradigt wurden, hat vielerorts erst zu Hochwasserproblemen geführt.

Trotzdem, auch die Ökologen und Biberfans haben Verständnis für Häuslebesitzer, Landwirte und Forstleute, die das Ummöblieren und Fluten der Landschaft kritisch beäugen. Genau deshalb gibt es Biberbeauftragte wie Wagner, die sich auskennen und auf Abhilfe sinnen. Es gibt, je nach Lage vor Ort und Notwendigkeit einen ganzen Maßnahmenkatalog, ob es das Absenken eines Dammes ist, das Aufschütten oder Anlegen von Röhren, um landwirtschaftliche Wege wieder sicher zu machen oder wenn es darum geht, Bäume mit Manschetten zu versehen. Wagner will, dass das Miteinander von Neubürger Biber und den Menschen, die ihn einst gejagt, verdrängt und ausgerottet haben diesmal etwas harmonischer wird.